Der vermisste belrussische Aktivist Schischow wurde unter verdächtigen Umständen tot in Kiew aufgefunden. (Instagram/wschischow)
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Einen Tag nach seinem plötzlichen Verschwinden in Kiew ist der belarussische Aktivist Witaly Schischow tot aufgefunden worden. Schischow sei „erhängt“ in einem Park in der Nähe seiner Wohnung in der ukrainischen Hauptstadt entdeckt worden, teilte die Polizei am Dienstag mit. Sie nahm Mordermittlungen auf. Der 26-jährige Schischow hatte von Kiew aus die Organisation „Belarussisches Haus der Ukraine“ geführt, die belarussische Flüchtlinge unterstützt. Die Polizei kündigte an, in alle Richtungen zu ermitteln. Auch möglichen Hinweisen darauf, dass es sich um einen „als Suizid verschleierten Mord“ handeln könne, werde nachgegangen. Schischow war vermisst gemeldet worden, nachdem er am Montagmorgen nicht von einer Joggingrunde zurückgekehrt war. Die Menschenrechtsorganisation Wjasna erklärte unter Berufung auf Freunde Schischows, der Aktivist sei kürzlich beim Joggen von „Fremden“ verfolgt worden.

„Echte Bedrohung für das Regime“

Schischows Organisation „Belarussisches Haus der Ukraine“ sprach von einer „geplanten Operation“ der belarussischen Führung zur „Eliminierung“ eines Regierungskritikers. Es sei offensichtlich, dass die belarussischen Geheimdienste Schischow getötet hätten, der eine „echte Bedrohung für das Regime“ in Minsk gewesen sei. Viele Belarussen fliehen angesichts von Repression in ihrem Heimatland in die benachbarte Ukraine, nach Polen oder Litauen. Der seit fast drei Jahrzehnten regierende belarussische Präsident Alexander Lukaschenko war vor einem Jahr trotz massiver Betrugsvorwürfe zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt worden. Dies löste in Belarus historische Massenproteste aus, die von den Sicherheitskräften gewaltsam niedergeschlagen wurden. Wegen des brutalen Vorgehens und des mutmaßlichen Wahlbetrugs verhängte die EU Sanktionen gegen die belarussische Führung.

Olympia-Athletin Timanowskaja sollte außer Landes gebracht werden

Zuletzt sorgte international der Fall der belarussischen Olympia-Athletin Kristina Timanowskaja für Aufsehen. Die Sprinterin hatte nach kritischen Äußerungen über belarussische Sportfunktionäre bei den Olympischen Spielen in Tokio Schutz bei der Polizei gesucht. Timanowskaja sollte offenbar gegen ihren Willen von Vertretern des belarussischen Kaders außer Landes gebracht werden. Am Montag gewährte Polen der Sportlerin ein humanitäres Visum. Der Fall weckte auch Erinnerungen an die von den belarussischen Behörden erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeugs in Minsk im Mai, im Zuge derer der im Exil lebende Regierungskritiker Roman Protassewitsch und dessen Partnerin festgenommen wurden. Das Flugzeug war auf dem Weg von Griechenland nach Litauen gewesen. Die belarussischen Behörden veranlassten die Zwischenlandung auf belarussischem Staatsgebiet unter Verweis auf eine angebliche Bombe an Bord.

AFP