Erstmals seit Beginn des jüngsten Israel-Palästina-Konflikts ist der Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten für Menschen geöffnet worden. / Photo: AFP (AFP)
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Erstmals seit Beginn der israelischen Angriffe auf Gaza ist der Grenzübergang Rafah in Ägypten für Menschen geöffnet worden. Rettungswagen brachten am Mittwoch Dutzende verletzte Palästinenser aus dem Gazastreifen, damit sie in Ägypten behandelt werden können. Am Mittag traf zudem eine erste Gruppe von Ausländern und Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit in Ägypten ein. Das Auswärtige Amt bereitete sich auf eine Betreuung von möglicherweise ausreisenden Deutschen vor.

Insgesamt sollten fast 90 Verletzte nach Ägypten gebracht werden. Ägypten pochte darauf, dass sie vor den rund 545 zur Ausreise berechtigen Ausländern und Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft ins Land kommen.

Ägyptische Fernsehsender zeigten Aufnahmen von Rettungswagen, die auf der ägyptischen Seite des Grenzübergangs Rafah ankamen. Pflegepersonal und Sanitäter untersuchten die Verletzten, ehe sie sie auf Tragen zu ägyptischen Rettungswagen trugen. Mindestens zwei Kinder waren auf Fernsehaufnahmen in den Rettungswagen zu sehen.

„Viele Familien erlitten den Märtyrertod“

Auf palästinensischer Seite des Grenzübergangs beobachtete ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP mindestens 40 Rettungswagen mit jeweils zwei Verletzten, die in Richtung des stark gesicherten Grenzübergangs fuhren. Die Verletzten sollen Berichten zufolge in ein Feldlazarett in der Stadt Scheich Suweid rund 15 Kilometer von Rafah entfernt sowie nach El Arisch und in den kompliziertesten Fällen auch nach Kairo gebracht werden.

Zahlreiche Menschen mit ausländischer oder doppelter Staatsangehörigkeit versammelten sich am Grenzübergang in der Hoffnung, den Gazastreifen verlassen zu können. Die Jordanierin Saleh Hussein sagte, sie habe in der Nacht die Nachricht erhalten, auf der Evakuierungsliste zu stehen. „Wir hatten mit vielen Problemen zu kämpfen, von denen die Wasserknappheit und der Stromausfall die geringsten waren“, sagte sie. Mit Blick auf die israelischen Angriffe sagte Hussein: „Wir hatten Angst. Viele Familien erlitten den Märtyrertod.“

Der Gazastreifen-Bewohner Rafik al-Hilou begleitete Verwandte, darunter zwei kleine Kinder. „Es ist genug“, sagte er. „Uns fehlt es am Grundlegendsten. Kein Internet, kein Telefon, keine Kommunikationsmittel, nicht einmal Wasser.“

Am Mittwochmittag kam eine erste Gruppe von Ausländern und Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit nach der Flucht aus dem Gazastreifen in Ägypten an, wie ein ägyptischer Beamter AFP sagte. Auf Aufnahmen ägyptischer Fernsehsender waren vor allem Frauen und Kinder aus einem Bus aussteigend auf der ägyptischen Seite des Grenzübergangs zu sehen.

Auswärtiges Amt bereitet sich auf mögliche Ausreisen von Deutschen vor

Das Auswärtige Amt bereitete sich auf die Betreuung von möglicherweise ausreisenden Deutschen vor. Ein Team der Botschaft sei nach Rafah entsandt worden, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Mittwoch in Berlin. Eine konkrete Ankündigung, dass erste Deutsche ausgereist seien, gab es zunächst aber nicht.

Der Grenzübergang Rafah ist der einzige nicht von Israel kontrollierte Grenzübergang zum Gazastreifen. Dennoch reguliert Israel die Durchfahrt. In den vergangenen Wochen war lediglich Hilfskonvois die Durchfahrt genehmigt worden.

Die Öffnung am Mittwoch, die erste für Menschen seit dem 7. Oktober, geht auf ein Abkommen zwischen Ägypten, der Hamas und Israel zurück. Es kam unter Vermittlung Katars in Abstimmung mit den USA zustande, wie es aus Diplomatenkreisen hieß. Am Dienstagabend hatte ein Sprecher des US-Außenministeriums von „sehr guten Fortschritten“ bei der Frage der Ausreise von US-Bürgern aus dem Gazastreifen gesprochen.

Angaben ausländischer Regierungen zufolge befinden sich Staatsbürger aus 44 Ländern im Gazastreifen. Insgesamt leben in dem dichtbesiedelten Küstenstreifen unter israelischer Totalblockade rund 2,4 Millionen Menschen.

Israel fliegt seit dem Hamas-Vergeltungsschlag am 7. Oktober erneut massive Angriffe auf Gaza und dringt auch mit Bodentruppen ein. Zudem wird die belagerte Enklave von der Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Strom und Treibstoff abgeschnitten. Einige Krankenhäuser mussten bereits den Betrieb einstellen, weil neben Energie auch medizinische Hilfsmittel fehlen.

Durch die israelischen Angriffe wurden nach Angaben aus Gaza mehr als 8700 Menschen getötet, die meisten davon Frauen und Kinder. In Israel sollen 1400 Menschen ihr Leben verloren haben, wie israelische Sicherheitskreise berichten. Mindestens 240 Israelis sollen sich demnach noch in den Händen der Hamas in Gaza befinden.

TRT Deutsch und Agenturen