Deutschland hat im Kampf gegen das Rauchen nach Überzeugung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) immer noch Nachholbedarf. Die WHO lobt die neuen Maßnahmen gegen Tabakwerbung zwar, sie könnten aber noch weiter gehen, sagte der WHO-Direktor für Gesundheitsförderung, Rüdiger Krech, der Deutschen Presse-Agentur am Samstag.
In Deutschland darf ab 1. Januar 2021 im Kino nicht mehr für Rauchwaren geworben werden, wenn ein Film für unter 18-Jährige freigegeben ist. Ab 2022 ist Reklame für herkömmliche Tabakprodukte auf Plakatwänden verboten. Ab 2023 darf dort auch nicht mehr für Tabakerhitzer und ab 2024 für E-Zigaretten geworben werden.
„Dass das Werbeverbot im Kino nur für Filme gilt, die für unter 18-Jährige zugelassen ist, ist bedauerlich“, sagte Krech. Andere Länder hätten Werbung für Tabakprodukte in Kinos ganz untersagt. „Wir hätten uns auch gewünscht, dass das Verbot von Werbung auf Plakatwänden früher in Kraft tritt.“ Zudem fehle ein völliges Verbot für Werbung rund um Verkaufsstellen wie Kioske oder Tankstellen.
In Deutschland rauchen nach dem Bundesdrogenbericht 2019 etwa 27 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen. Nach Schätzungen sterben jedes Jahr 121.000 Menschen an Folgen von Tabakkonsum.
„Deutschland war in Europa bislang unter den Schlusslichtern, was Tabakeinschränkungen angeht“, sagte Krech. Jetzt sei es im Mittelfeld. In den gut 50 Ländern der WHO-Europaregion ist Deutschland nach einer WHO-Analyse unter nur einem Dutzend Ländern, das die Verteilung von Gratisrauchwaren nicht vollständig verboten hat. Mit 16 weiteren Ländern hat Deutschland Sponsorverträge durch die Tabakindustrie noch nicht vollständig untersagt. Deutschland sei zudem unter den 22 Ländern, die Tabakautomaten noch nicht abgeschafft haben.
Die Coronavirus-Pandemie habe eine große Chance im Anti-Tabak-Kampf eröffnet, sagte Krech: Gestützt auf jüngste Umfragen seien nach WHO-Analysen deutlich mehr Tabaknutzer um ihre Gesundheit besorgt und wollten ernsthafter mit dem Rauchen aufhören. Behörden müssten sie mit Angeboten zur Entwöhnung unterstützen. „Da kann man auch in Deutschland noch viel tun“, sagte Krech.
dpa
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