Mitarbeiter haben sich für Streiks versammelt. / Photo: DPA (dpa)
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Bahnreisende müssen sich am Freitag erneut nach Alternativen umsehen: Wegen eines mehrstündigen bundesweiten Warnstreiks der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Morgen und am Vormittag dürften zumindest in der ersten Tageshälfte der Fern- und Regionalverkehr weitgehend zum Erliegen kommen. Die Schwestergewerkschaft Verdi hat zudem für Donnerstag und Freitag zu Warnstreiks an den Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn und Hamburg aufgerufen. Abgestimmt hätten sich die Gewerkschaften indes nicht, hieß es von der EVG.

Auf der Schiene hat die Deutsche Bahn ihre Fahrgäste bereits auf „erhebliche Einschränkungen“ eingestellt. Insbesondere im Fernverkehr sei der Tag „mehr oder weniger gelaufen“, sagte Konzernpersonalvorstand Martin Seiler am Mittwoch in Berlin. „Alle, die umplanen können, sollten das tun.“

Er ließ zunächst offen, ob der Konzern ICE- und IC-Züge grundsätzlich in den Depots lässt. „Wir werden wie immer für unsere Reisenden so viel wie möglich an Kulanz bereit stellen“, betonte er lediglich. Im Regionalverkehr und bei S-Bahnen müsse geschaut werden, ob im Tagesverlauf die Züge wieder auf die Strecke könnten.

EVG ruft zum bundesweiten Warnstreik

Die EVG hat ihre Mitglieder für Freitagmorgen zwischen 3.00 und 11.00 Uhr zum bundesweiten Warnstreik bei der Deutschen Bahn und mehreren Dutzend weiteren Bahnunternehmen aufgerufen. Die Gewerkschaft will so im laufenden Tarifstreit den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen.

Bereits am Vortag hatte Verdi ganztägige Arbeitsniederlegungen an den drei Flughäfen Köln/Bonn, Düsseldorf und Hamburg im Luftsicherheitsbereich, in der Fluggastkontrolle, der Personal- und Warenkontrolle und in Servicebereichen angekündigt. „Es ist im Zusammenhang mit dem Streik mit längeren Wartezeiten bis hin zu Flugausfällen oder -streichungen zu rechnen“, warnte die Gewerkschaft am Dienstag. Die Luftfahrtbranche kritisierte den erneuten Ausstand.

Tarifstreit für rund 2,5 Millionen Beschäftigten

Verdi befindet sich derzeit mit Bund und Kommunen im Tarifstreit für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Dass nun am Freitag zeitgleich im Luft- und Schienenverkehr gestreikt werde, sei ein Zufall, betonte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch am Mittwoch bei der Ankündigung der Aktionen. Anders als bei dem abgestimmten, großangelegten Warnstreik im Verkehrssektor Ende März hätten sich beide Gewerkschaften für Freitag nicht vorher abgesprochen.

„Uns geht es auch nicht darum, Fahrgäste zu bestrafen“, sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay. „Im Gegenteil: Uns geht es nur darum, den Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen.“ Derzeit verhandelt die Gewerkschaft in zweiter Runde nach und nach mit rund 50 Eisenbahn-Unternehmen über höhere Tarife. Bei der Deutschen Bahn sollen die Verhandlungen am kommenden Dienstag weiter gehen. Die Arbeitnehmervertreter fordern in den Verhandlungen mit der Branche für die Beschäftigten mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen sowie eine Laufzeit von zwölf Monaten.

Bahn-Vorstand Seiler kritisierte die Aktionen am Mittwoch: „Dieser Streik ist völlig unnütz und unnötig“, sagte er. Am Freitag, dem reisestärksten Tag der Woche, treffe die Aktion viele Pendlerinnen und Pendler „besonders hart“. Seiler verteidigte den eigenen Vorschlag, sich in den Tarifverhandlungen mit der EVG am kürzlich präsentierten Schlichter-Tarifkompromiss des öffentlichen Diensts orientieren zu wollen. „Warum sollte das, was für die 2,5 Millionen Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes gut ist, nicht auch für 180.000 Eisenbahner:innen gut sein?“, sagte er.

EVG beharrt auf Forderungen

Die EVG lehnt das strikt ab. „Wir sind nicht Teil des öffentlichen Diensts und wir sind auch nicht Teil des Schlichtungsverfahrens gewesen“, betonte Loroch. „Wir haben Forderungen übersandt und wir erwarten ganz einfach, dass man sich mit den Forderungen auseinandersetzt.“

Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes haben unabhängige Schlichter am vergangenen Wochenende eine Lösung vorgeschlagen. Diese sieht zunächst einen steuer- und abgabefreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 3000 Euro vor. Ab März 2024 soll es dann einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend ein Lohnplus von 5,5 Prozent geben. Über den Vorschlag wollen die Gewerkschaften mit Bund und Kommunen am kommenden Wochenende verhandeln.

Einen ersten Warnstreik hatte die EVG bereits Ende März gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi organisiert. Damals lagen nicht nur der Regional- und Fernverkehr auf der Schiene, sondern auch der Luft- und Schiffsverkehr einen ganzen Tag lang vollständig lahm.

dpa