Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité. (Reuters)
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Das Frühjahr und der Sommer mit wärmeren Temperaturen dürften die Ausbreitung des Coronavirus aus Expertensicht nicht sehr stark verlangsamen, hat der Direktor des Instituts für Virologie an der Charité, Christian Drosten, am Montag in Berlin erklärt. Es sei wohl damit zu rechnen, „dass wir direkt in eine Epidemiewelle hineinlaufen“.

Der saisonale Effekt auf diese Viren dürfte voraussichtlich nicht so groß sein wie auf einige andere Erkältungsviren. Drosten verwies auf eine neue, verfeinerte Modellrechnung einer Studie aus den USA. Noch in der vergangenen Woche war er von einer Verminderung der Infektionen im Sommer ausgegangen.

„Im Moment ist meine Einschätzung mehr, dass wir doch eine direkt durchlaufende Infektionswelle bekommen. Das heißt, wir müssen damit rechnen, dass ein Maximum von Fällen in der Zeit von Juni bis August auftreten wird“, sagte Drosten in einem NDR-Podcast.

Ressourcen müssten nun eingesetzt werden, wo sie am nötigsten seien: Besonders gefährdet vom Virus seien junge Menschen mit Grunderkrankungen und Menschen über 65 Jahren. Bei ersteren sei eine Regelung für Arbeitgeber ratsam, damit sie solche Menschen für eine Zeit freistellen oder zum Beispiel ins Homeoffice schicken können.

Auf große Versammlungen verzichten

Ältere Menschen könne man schützen, indem etwa Kinder für eine Zeit nicht bei Oma und Opa zur Betreuung kämen. Man sollte stattdessen für Oma und Opa einkaufen, damit sie nicht in den Supermarkt müssten. „Das wird für alle schmerzhaft sein und unbequem.“ Drosten verwies auf seinen 70-jährigen Vater und dessen Bekannte im ländlichen Umfeld. „Die haben noch nicht verstanden, dass sie die eigentlich Betroffenen sind.“ Das betreffe auch das Sozialleben. Von der Schließung von Kindergärten und Schulen rät er ab. „Die großen Versammlungen, die Vergnügen darstellen, auf die müsste man verzichten wie Fußball und Schützenfest.“

Bei der älteren Bevölkerung könnten „20 bis 25 Prozent“ der Betroffenen sterben, warnte Drosten laut ntv. Er fügte hinzu: „Da schluckt man natürlich. Das muss man aber vermitteln.“ Der Virologe erklärte genauer, dass bei Infizierten ab 80 Jahren die Sterblichkeit bei 20 bis 25 Prozent liegen könnte. In der Altersgruppe zwischen 60 bis 70 Jahre falle die Sterblichkeit allerdings wieder auf drei Prozent.

Deutschland habe das Virusgeschehen sehr früh erkannt und sich damit einen extremen Vorsprung in der Erkennung der Epidemie gesichert, erläuterte der Virologe. „Das hat dazu geführt, dass wir jetzt sehr hohe Fallzahlen in den Statistiken haben, ohne relevant große Zahlen von Todesfällen berichten zu müssen.“ Viele Labore in der Fläche seien hierzulande sehr früh aktiv geworden. Drosten machte mit Blick auf zu erwartende Todesfälle zugleich deutlich: „Auch bei uns wird sich das ändern, wir sind da keine Ausnahme.“

TRT Deutsch und Agenturen