23.07.2021, Bayern, München: Der wegen versuchten Mordes in 31 Fällen, schwerer Brandstiftung und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat angeklagte Mann (2. v. l.) steht vor Prozessbeginn im Landgericht im Verhandlungssaal zwischen seinen Rechtsanwälten Matthias Bohn (l.) und Christian Gerber (3. v. l.). (dpa)
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Am Oberlandesgericht München wird am Freitag (9.15 Uhr) das Urteil im Prozess um eine Anschlagsserie im oberbayerischen Waldkraiburg erwartet.

Unterbringung in Psychiatrie gefordert
Die Bundesanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Das beantragt sie in ihrem Schlussplädoyer vor dem Oberlandesgericht München für den jungen Mann, der zugegeben hat, für die Aufsehen erregende Anschlagsserie im oberbayerischen Waldkraiburg 2020 verantwortlich zu sein. Einen türkischen Laden zündete er demnach an und brachte die Menschen in den Wohnungen darüber in Lebensgefahr.
Außerdem wollte er seiner Einlassung bei Gericht zufolge auch einen Anschlag auf die Ditib-Moschee in Waldkraiburg verüben und zündete eine Mülltonne unmittelbar vor der Wohnung an, in der der Imam mit seiner Familie lebte.
Die Bundesanwaltschaft forderte die Gesamtstrafe für 31 versuchte Morde, Brandstiftung, Körperverletzung, Sachbeschädigung, unerlaubten Waffenbesitz und die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.
Der Mann soll aus Sicht der Anklagebehörde aber wegen seiner Schizophrenie in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden. Die Anklage sieht eine „erheblich verminderte Schuldfähigkeit“. Bereits während des Prozesses war er eingewiesen worden.
Radikalisierung im Internet
„Scheinbar aus dem Nichts“ habe er sich radikalisiert, die Frauen in seinem Umfeld aufgefordert, Kopftuch zu tragen und ihnen nicht mehr die Hand geben wollen. Ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu seiner Radikalisierung: „Hassbotschaften im Internet“, wie es im Plädoyer der Bundesanwaltschaft heißt. Auf seinem Instagram-Profil soll er Videos von brutalen Hinrichtungen gepostet haben.
So gelangte vor allem der türkische Moscheeverein Ditib ins Visier des Deutschen, der vor seiner Einbürgerung selbst Türke war. Er habe „Staatsislam von Erdoğan“ abgelehnt und Umgang mit „richtigen Muslimen“ gesucht, sagt die Bundesanwaltschaft.
Der Mann, der sich selbst als Anhänger der Terrororganisation Daesh bezeichnete, hat die Taten weitgehend eingeräumt, allerdings entsprechende Planungen bestritten und von einer Spontantat gesprochen. Seine Verteidigung forderte nur sieben Jahre.

Türkische Einrichtungen im Visier
Die Festnahme des Mannes am 8. Mai 2020 könnte weitere Taten verhindert haben. Als die Polizei zugriff, hatte er Rohrbomben und kiloweise Sprengstoff dabei, die er vorher lange in seinem Auto in einer Tiefgarage in Garching an der Alz gelagert hatte. Vor Gericht räumte der Angeklagte ein, noch ganz andere Taten geplant zu haben: Anschläge auf mehrere Moscheen des Islamverbandes Ditib, auf das türkische Generalkonsulat in München und die Ditib-Zentralmoschee in Köln. Die Taten hätten „die türkischstämmige Gemeinschaft in Deutschland insgesamt“ sehr verunsichert, sagte die Vertreterin der Bundesanwaltschaft.

dpa