Rheinland-Pfalz, Koblenz: Das Türschild des Oberlandesgericht in Koblenz. (dpa)
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Im weltweit ersten Strafprozess gegen mutmaßliche syrische Folterer in Koblenz bekommen syrische Journalisten die Möglichkeit, das Verfahren auf Arabisch zu verfolgen. Das Bundesverfassungsgericht gab einem Eilantrag von Betroffenen statt, wie das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) mitteilte. Das Gericht in Karlsruhe hatte die Entscheidung noch nicht veröffentlicht. Ein Sprecher bestätigte aber, dass der Beschluss am Mittwoch den Parteien zugestellt wurde. (Az. 1 BvR 1918/20)

Vor Gericht stehen seit April zwei frühere Geheimdienstmitarbeiter, die nach ihrer Flucht nach Deutschland von mutmaßlichen Opfern erkannt wurden. Der Hauptangeklagte soll in einem Gefängnis in der syrischen Hauptstadt Damaskus in hoher Position für die brutale Folter von mindestens 4000 Menschen verantwortlich gewesen sein. Das ECCHR unterstützt in dem Verfahren am Oberlandesgericht (OLG) Koblenz etliche Folterüberlebende, darunter auch mehrere Nebenkläger.

Die Angeklagten und mehrere Nebenkläger können über Kopfhörer einer Simultanübersetzung folgen. Journalisten und Prozessbeobachter würden normalerweise einen eigenen Flüsterdolmetscher mitbringen. Das hatte die Vorsitzende Richterin aber wegen der Corona-Vorsichtsmaßnahmen untersagt. Sie erlaubte den beiden Klägern auch nicht, sich in die Simultanübersetzung einzuklinken. Gerichtssprache sei Deutsch.

Das stößt bei den Verfassungsrichtern auf Bedenken, wie aus dem Beschluss hervorgeht, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Die Verfassungsbeschwerde werfe schwierige Fragen auf und bedürfe einer näheren Prüfung. Bis dahin würden die Kläger und andere Journalisten aber möglicherweise zu Unrecht monatelang außen vor bleiben.

Die Richter geben deshalb der Vorsitzenden Richterin auf, eine Übersetzung ins Arabische möglich zu machen. Das OLG teilte am Nachmittag mit, dass sich akkreditierte syrische Journalisten ab sofort in die gerichtseigene Simultanübersetzung einklinken dürfen.

ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck sagte, viele Syrerinnen und Syrer weltweit wollten sich über den Prozess informieren. Die deutsche Justiz könne ein Signal für künftige Verfahren setzen.

dpa