Söder fordert Untersuchung – „Querdenker“ entwickeln sich „sektenähnlich“ (dpa)
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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich für eine Untersuchung des Verhältnisses der AfD zur „Querdenken“-Bewegung ausgesprochen. Es gelte, genau hinzusehen, „welche engen Verbindungen und Verflechtungen es zwischen AfD und Querdenkern gib“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ und dem „Donaukurier“. „Natürlich haben wir alle Verständnis und Respekt für die kritischen Fragen derer, die durch Corona in ihrer Existenz bedroht sind.“ Bei Querdenkern, Rechtsextremen, Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern mit antisemitischem Hintergrund höre die Toleranz aber auf, sagte Söder. „Gerade die Querdenker entwickeln sich sektenähnlich und isolieren normale Bürger in ihrer Verschwörungsblase.“ Sie hätten ein anderes Verständnis von Staat und Gesellschaft. „Absurde Selbstvergleiche mit Sophie Scholl oder die Gleichsetzung des Infektionsschutzgesetzes mit dem Ermächtigungsgesetz der NSDAP belegen deren verzerrtes Weltbild. Auf diese Gruppe und deren Bezug zur AfD sollte der Verfassungsschutz achten.“ Die Querdenken-Bewegung demonstriert seit Wochen teils radikal gegen die Corona-Auflagen der Bundesregierung. Dabei zogen Anhänger der Bewegung zuletzt auch Vergleiche zur NS-Zeit. Während der Debatte über das neue Infektionsschutzgesetz im Bundestag waren zudem vergangene Woche mehrere Besucher durch Störaktionen aufgefallen, die sich als Gäste von AfD-Abgeordneten im Parlamentsgebäude bewegten.

Antisemitismusbeauftragter rügt „krude Verharmlosungen“ des Holocaust

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, rügt Vergleiche aus der „Querdenken“-Bewegung von Corona-Beschränkungen mit der Judenverfolgung in der Nazi-Zeit. Dies verhöhne die tatsächlichen Opfer und relativiere die Schoah, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Der Holocaust ist kein Abziehbild für jedwede Opfergefühle.“ Wer über Anne Frank und Sophie Scholl gut Bescheid wisse, werde kaum solch krude Verharmlosungen äußern. „Dass die Kritik an solchen Vergleichen nun hohe Wellen schlägt, begrüße ich sehr. Es zeugt von einem funktionierenden Wertesystem der demokratischen Mehrheit.“

Jana aus Kassel: „Ich fühle mich wie Sophie Scholl“

Am Samstag hatte eine junge Frau, die sich als „Jana aus Kassel“ vorstellte, auf einer „Querdenken“-Bühne in Hannover gesagt: „Ich fühle mich wie Sophie Scholl, da ich seit Monaten aktiv im Widerstand bin, Reden halte, auf Demos gehe, Flyer verteile und auch seit gestern Versammlungen anmelde.“ Sophie Scholl wurde wegen ihres Widerstandes gegen den Nationalsozialismus hingerichtet.

„Jana aus Kassel“ (Foto: Screenshot Twitter)


Eine Woche zuvor hatte eine Elfjährige auf einer „Querdenken“-Bühne in Karlsruhe die Tatsache, dass sie ihren Geburtstag nicht wie gewohnt feiern konnte, in Beziehung gesetzt zum Schicksal von Anne Frank, die sich in einem Hinterhaus vor den Nazis versteckte und später im Konzentrationslager Bergen-Belsen umkam. Der Präsident des thüringischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, sagte dem RND: „Das ist kein Zufall, sondern das perfide Ergebnis einer langen Kette von Diskursverschiebungen und gezieltem Geschichtsrevisionismus, basierend auf Schulungen der Neuen Rechten.“ Jüngere Menschen seien dafür besonders empfänglich.

Agenturen