Symbolbild: Kein höherer Rundfunkbeitrag - Deutschlandradio kündigt Tarifverträge (dpa)
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Nach der von Sachsen-Anhalt blockierten Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent auf 18,36 Euro werden beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk erste Konsequenzen deutlich. Das Deutschlandradio hat von einem Sonderkündigungsrecht der laufenden Tarifverträge Gebrauch gemacht, wie der öffentlich-rechtliche Sender auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Intendant Stefan Raue betonte: „Die Kündigung des laufenden Tarifvertrags ist für Deutschlandradio eine leider notwendige Maßnahme, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel abverlangt.“

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte den Schritt. Der Bundesvorsitzende Frank Überall sagte der dpa: „Das könnte eine Vorreiterrolle mit sich bringen, die zu einem Flächenbrand führt.“

Im Dezember hatte die Regierung Sachsen-Anhalts entgegen dem Willen aller anderen Länder die Erhöhung des Rundfunkbeitrags in Deutschland von monatlich 17,50 Euro auf 18,36 Euro zum 1. Januar 2021 blockiert. ARD, ZDF und Deutschlandradio klagten umgehend vor dem Bundesverfassungsgericht. Eil-Anträge wurden noch vor Jahresende vom Gericht abgelehnt, in der Hauptsache gibt es noch keine Entscheidung.

Durch die Kündigung der laufenden Tarifverträge wird es dem Deutschlandradio zufolge vorerst nicht mehr zum April zu einer Anhebung der Vergütung um 2,25 Prozent kommen. Die Tarifverträge haben eigentlich noch eine Laufzeit bis Ende März 2022. Beim Deutschlandradio arbeiten derzeit 725 festangestellte Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit – das entspricht 640 Vollzeit-Stellen. Zudem gibt es 685 arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse und zwischen 5000 und 6000 freie Mitarbeiter auf Honorarbasis. Hauptstandorte sind Berlin und Köln.

Weitere Einsparmaßnahmen beschlossen

Das Deutschlandradio hat noch weitere Folgen beschlossen. So soll zum Beispiel der Ausbau des DAB+-Sendernetzes unterbrochen oder zeitlich verschoben werden. Der Sender entschied sich nach eigenen Angaben für solche Stellschrauben, um mögliche Einschnitte im Programm zu vermeiden und den betrieblichen Ablauf zu sichern. Man habe sich auf kurzfristig umsetzbare Maßnahmen fokussiert. Raue betonte, Priorität für die Entscheidungsfindung habe gehabt, dass man bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Hauptverfahren keine Schritte beschließen wollte, „die den Programmauftrag maßgeblich beeinträchtigt hätten.“

Der DJV-Bundesvorsitzende Überall betonte zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sorgt für große Verunsicherung, sowohl bei den festen freien Mitarbeiterinnen als auch bei den festangestellten.“ Man habe beim DJV die Befürchtung, dass die Sender „große Streichorgien“ vornehmen, „die sich negativ auf das Programm und die Beschäftigten auswirken.“

Überall, der selbst auch als freier Mitarbeiter für den Westdeutschen Rundfunk (WDR) tätig ist, warnte davor, dass Aufträge für die frei angestellten Mitarbeiter wegfallen und womöglich auch Stellen gestrichen werden könnten. „Das auf dem Rücken der Beschäftigten auszutragen, ist für mich der falsche Weg.“

Konkrete Anzeichen für mögliche Stellenstreichungen hat der DJV nach eigenen Angaben derzeit aber nicht. Überall plädierte dafür, dass die Sender weiterhin ihren Auftrag als öffentlich-rechtliche Anstalten erfüllen und dabei notfalls mit einem Minus in diesem Jahr abschließen.

dpa