Terrorangriff in Hanau (dpa)
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Die vier großen Islamverbände in Deutschland haben nach der Gewalttat in Hanau mehr Engagement im Kampf gegen rechten Terror gefordert.

Die Gewalt habe sich gegen Migranten als Zielgruppe gerichtet, betonte der Koordinationsrat der Muslime (KRM) am Donnerstag in Köln. Der Generalbundesanwalt ermittelt wegen des Verdachts einer terroristischen Gewalttat. Bisherige Ergebnisse deuteten auf ein „fremdenfeindliches Motiv“ hin, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth. Unter den Todesopfern sind nach ersten Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden viele Menschen mit Migrationshintergrund. Der KRM betonte, man verlange schon seit Monaten, „gegen die rechte Hetze und gegen Islamfeindlichkeit deutlich Stellung zu beziehen.“ Der Terror bedrohe alle. Die Politik habe das Problem rechter Gewalt unterschätzt. Alle Akteure der Gesellschaft sollten ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern rechter Angriffe setzen, mahnte der Zusammenschluss von Türkisch-Islamischer Union Ditib, Zentralrat der Muslime, Islamrat IRD und Kulturzentrenverband VIKZ. „Es ist jetzt die Zeit, zusammenzurücken und zusammenzustehen.“

Die Vorsitzende des Ausländerbeirats der Stadt Hanau, Selma Yılmaz-Ilkhan, erklärte gegenüber TRT Deutsch: „Hanau hat eine 50-jährige Integrationspolitik. Wir sind in Hanau eigentlich gut miteinander vernetzt. Es finden ständig Veranstaltungen statt. Menschen aller Nationalitäten kommen zusammen. Daher sind wir alle geschockt.“ Vor diesem Hintergrund verlangt sie mehr Polizeischutz für kulturelle Einrichtungen. Der Staat müsse die Gefahr von rechts ernst nehmen.

Der Staat habe den Rechtsextremismus derzeit nicht im Griff. Das sei ein Problem. Damit das Miteinander gut funktioniert, müsse die Vielfalt akzeptiert werden. „Da ist die Frau mit dem Kopftuch, der Mann mit der Kippa oder mit dem Bart.“

Zentralrat der Juden findet deutliche Worte

Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert ein entschiedeneres Vorgehen gegen Rechtsextremismus in Deutschland. Es sei davon auszugehen, „dass der Täter bewusst Menschen mit Migrationshintergrund treffen wollte".

Nach der Mordserie des NSU ziehe sich wieder „eine rechtsextreme Blutspur durch Deutschland: die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni vergangenen Jahres, der Anschlag in Halle an Jom Kippur und jetzt die Morde in Hanau“. Es stelle sich die „besorgniserregende Frage, wie sicher Minderheiten und Menschen, die sich für sie engagieren, noch in Deutschland leben können“. Polizei und Justiz schienen häufig auf dem rechten Auge eine Sehschwäche zu haben, kritisierte Schuster. „Das rächt sich jetzt.“ Es sei „überfällig, dass alle demokratischen Kräfte zusammenstehen, um die Bedrohung durch den Rechtsextremismus und weiterhin auch durch islamistischen Terror einzudämmen“.

„Wir hoffen, dass diese Ereignisse sich nicht wiederholen“

Abdullah Eren, der Präsident von YTB (Amt für Auslandstürken und verwandte Gemeinschaften), kommentierte den rechten Terror in Hanau mit den Worten: „Wir hoffen, dass diese Ereignisse sich nicht wiederholen. Als türkische Gemeinschaft müssen wir zusammen mit denen, die rassistischen Angriffen ausgesetzt waren, sowie der deutschen Gesellschaft die nötige Haltung zeigen. Als YTB werden wir für die türkischen Staatsbürger, die seit vielen Jahren im Ausland leben, unsere Menschenrechts- und Anwaltschaftsarbeit weiter verstärken. Wir müssen in diesem Bereich ein ernsthaftes Bewusstsein entwickeln und brauchen ein kollektives Handeln.

Eintracht Frankfurt will Trauerflor tragen

Nach der Gewalttat von Hanau spielt Eintracht Frankfurt in der Europa-League-Partie am Donnerstag (18.55 Uhr/DAZN) gegen RB Salzburg mit Trauerflor. Zudem wird es vor dem Anpfiff in der Commerzbank-Arena eine Schweigeminute geben, wie der Fußball-Bundesligist mitteilte. Dies geschehe „in Gedenken an die Betroffenen und als klares Zeichen gegen jegliche Form von Rassismus und Extremismus“.

„Die schrecklichen Vorkommnisse in Hanau in der letzten Nacht sorgen für Trauer und Entsetzen im gesamten Bundesgebiet und speziell in der Rhein-Main-Region. Eintracht Frankfurt ist aufgrund dieser Vorfälle geschockt und in Gedanken bei den Angehörigen der Opfer“, hieß es weiter in der Presseerklärung. Das Stadion im Hinspiel der ersten K.o.-Runde ist mit 47.000 Zuschauern ausverkauft.

Am Mittwoch hatte nach bisherigen Ermittlungen ein 43-jähriger Deutscher in zwei Shisha-Bars das Feuer eröffnet, neun Menschen starben. Der mutmaßliche Todesschütze soll in seiner Wohnung auch seine Mutter erschossen haben, bevor er sich selbst tötete.

TRT Deutsch und Agenturen