Symbolbild: Mann in Fußfessel / Photo: DPA (dpa)
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Nach den Schüssen auf Polizisten bei einem Einsatz im badischen Boxberg steht in Stuttgart von Mittwoch (10.00 Uhr) an ein mutmaßlicher „Reichsbürger“ vor Gericht. Er soll vor einem Jahr im badischen Boxberg mit einem Schnellfeuergewehr auf die Beamten geschossen und zwei von ihnen verletzt haben, weil sie seine Wohnung durchsuchen wollten. Dem Mann wird mehrfacher versuchter Mord zur Last gelegt, verhandelt wird im streng gesicherten OLG-Prozessgebäude Stammheim.

Die Schüsse hatte der damals 54-Jährige durch die fast komplett heruntergelassenen Rollläden im Wohn- und im Schlafzimmer abgegeben und erst nach etwa zwei Stunden aufgegeben. In seinem Haus fanden die Ermittler ein begehbares Waffenlager mit Gewehren und Maschinenpistolen, Tausenden Schuss Munition und Zubehör.

Es ist innerhalb kurzer Zeit das zweite Verfahren in Stuttgart, das Generalbundesanwalt Peter Frank anstrengt. Vor eineinhalb Wochen war dort bereits ein mutmaßlicher „Reichsbürger“ wegen versuchten Mordes zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Der 62-Jährige soll im südbadischen Efringen-Kirchen absichtlich einen Polizisten angefahren und schwer verletzt haben.

Auch die möglichen Anklagen nach den Razzien im Dezember und vor wenigen Wochen liegen in der Verantwortung der Bundesanwaltschaft ebenso wie das wahrscheinliche Verfahren wegen mehrfachen versuchten Mordes gegen einen mutmaßlichen Reutlinger „Reichsbürger“. Der Mann hatte nach Überzeugung der Ankläger bei der jüngsten Razzia auf Polizisten geschossen.

Mehr als 60 Beschuldigte

Frank sprach zuletzt von mehr als 60 Beschuldigten nach den Razzien. Die Ermittlungen würden einige Zeit in Anspruch nehmen. Vor allem wegen der steigenden Zahl von „Reichsbürger“-Verfahren stockt das Land Baden-Württemberg sein Justizpersonal auf und stärkt die Gerichte. Es würden fünf zusätzliche Richterstellen für das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart geschaffen und damit ein zusätzlicher Staatsschutzsenat eingerichtet, sagte die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU).

„Reichsbürger“ und sogenannte Selbstverwalter erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet der gesamten Szene rund 23 000 Anhängerinnen und Anhänger zu - Tendenz steigend. Im Südwesten sollen es etwa 3800 sein. Unter ihnen befinden sich der Einschätzung zufolge auch gewaltbereite sowie rechtsextreme Personen. Einige aus der Szene sind im Besitz von Waffen.

dpa