Archivbild. 26.04.2021, Berlin: Menschen warten im Corona-Impfzentrum auf dem Messegelände auf ihre Impfung. (dpa)
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Vor der Bund-Länder-Konferenz am Dienstag zur Corona-Lage nehmen die Forderungen nach einer Abkehr von der Inzidenz als zentralem Richtwert zu. Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte der Zeitung „Die Welt“ (Samstagsausgabe): „Wir brauchen einen neuen Wert, der das aktuelle Infektionsgeschehen beschreibt und Inzidenz und Impfquote nachvollziehbar miteinander ins Verhältnis setzt“. Ähnlich äußerten sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und der Einzelhandelsverband HDE. Bovenschulte argumentierte, dank der Impfungen sei es mittlerweile „deutlich unwahrscheinlicher“ geworden, dass sich Menschen mit dem Coronavirus anstecken oder daran erkranken: „Noch unwahrscheinlicher ist es, schwer zu erkranken“. Dies müsse „in möglichen neuen Corona-Regeln zum Ausdruck kommen“. Weil fordert neue Parameter für die Bewertung der Gefährdungslage Weil forderte Bund und Länder auf, sich „zwingend gemeinsam auf neue Parameter für die Bewertung der Gefährdungslage“ zu verständigen. Zudem seien gemeinsame Kriterien für den Umgang mit Geimpften, Genesenen und Getesteten nötig. Dazu solle gehören, dass Ungeimpfte „ab einem noch festzulegenden Zeitpunkt im Herbst ihre Tests auch selbst bezahlen müssen – natürlich mit Ausnahme derer, die beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können“, sagte Weil der „Welt“. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth forderte, bei den Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Länderchefs müsse es „die klare Entscheidung weg von der reinen Inzidenzbetrachtung geben“. Stattdessen werde ein Indikatoren-Modell gebraucht, „in das die Auslastung der Krankenhaus- und ganz besonders Intensivbetten ebenso hineingehört wie die Impfquote“, sagte Genth der „Passauer Neuen Presse“. Inzidenz steigt seit Wochen an Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Infektionen steigt seit Wochen in Deutschland wieder kontinuierlich an. Am Samstagmorgen lag der Wert nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) bei 21,2. Am Vortag hatte die Inzidenz erstmals seit dem Frühjahr wieder die Marke von 20 überschritten. Bei der Sieben-Tage-Inzidenz handelt es sich um die Zahl der Ansteckungsfälle pro 100.000 Einwohner innerhalb dieses Zeitraums. Bislang war die Inzidenz ein zentraler Richtwert für die Verhängung und Lockerung von Corona-Restriktionen. Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Bedeutung der Inzidenz ist unter anderem die hohe Impfquote unter älteren Menschen sowie Menschen mit Vorerkrankungen, die dazu beiträgt, dass es weniger Infektionsfälle mit schwerem Krankheitsverlauf gibt.

54 Prozent vollständig gegen das Coronavirus geimpft Insgesamt sind nach RKI-Angaben inzwischen rund 54 Prozent der deutschen Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Zwar ist bei vollständigem Impfschutz weiterhin eine Ansteckung möglich - doch ist das Risiko einer Erkrankung signifikant reduziert. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte deshalb bereits vor einigen Wochen erklärt, dass der Inzidenzwert an Aussagekraft verliere. RKI-Chef Lothar Wieler plädierte laut einem Bericht der „Bild“-Zeitung von Ende Juli jedoch dafür, an der Inzidenz als „Leitindikator“ festzuhalten. HDE-Hauptgeschäftsführer Genth appellierte nun mit Blick auf die Beratungen am Dienstag auch an Bund und Länder, auf einen neuen Lockdown mit Geschäftsschließungen zu verzichten. Dies würden „viele Geschäfte nicht mehr verkraften“, sagte er der „Welt“.

AFP