Experte: EU-Türkiye-Abkommen wichtigste Frage der Migrationspolitik / Photo: DPA (dpa)
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Für den Migrationsexperten Gerald Knaus ist ein neues Flüchtlingsabkommen mit Türkiye die wichtigste Frage der deutschen Migrationspolitik in naher Zukunft. Wie schon in den Jahren 2015/16 habe Türkiye die „absolute Schlüsselfunktion für die Migration nach Deutschland“, sagte der Österreicher, der den Thinktank Europäische Stabilitätsinitiative leitet, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Ein erneuertes Abkommen mit Türkiye „ist und bleibt und wird immer mehr die bedeutendste Frage für die deutsche Migrationspolitik des nächsten Jahres", sagte Knaus.

Zwischen Türkiye und der EU war 2016 ein Flüchtlingspakt unterzeichnet worden, indem Ankara zusagte, gegen irreguläre Migration vorzugehen. Die EU soll diesem zufolge zudem Flüchtlinge und Migranten, die irregulär über Türkiye auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken können.

Angesichts einer zuletzt stark steigenden Zahl an Geflüchteten, die von Türkiye aus irregulär nach Griechenland gelangen wollen, sagte Knaus, das EU-Türkiye-Abkommen sei dysfunktional. Die EU-Türkiye-Erklärung von 2016 funktioniere seit 2020 überhaupt nicht mehr.

Die griechischen Behörden hätten Migranten seit März 2020 illegal nach Türkiye zurückgeschoben. Türkiye wiederum habe seinen Teil der Abmachung aufgekündigt und seitdem niemanden mehr zurückgenommen. „Seit einigen Wochen haben die Pushbacks jedoch stark abgenommen. Das ist natürlich positiv. Aber jetzt steigen die Zahlen wieder stark“, sagte Knaus. Die Bundesregierung müsse in den nächsten Wochen mit Griechenland zusammen auf Türkiye zugehen, um das Abkommen zu erneuern.

Zahl der Asylanträge im ersten Halbjahr auf höchstem Stand seit 2015/16

Die EU-Asylagentur erwartet in diesem Jahr die höchste Zahl von Asylanträgen seit den Spitzenjahren 2015 und 2016. Die Zahl der Anträge könne bis zum Jahresende auf über eine Million steigen, erklärte die Behörde mit Sitz in Malta.

Deutschland hatte nach Angaben der Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) von Januar bis Juni mit rund 30 Prozent erneut den größten Anteil an den Anträgen. Vor allem Syrer versuchen demnach weiterhin in die Bundesrepublik zu gelangen

Insgesamt 162.271 Menschen haben im ersten Halbjahr offiziell Asyl in der Bundesrepublik beantragt. Davon waren gut 150.000 Erstanträge, wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mitteilte.

TRT Deutsch und Agenturen