15.10.2021, Berlin: Bewohner des Geländes zünden Rauchfackeln vor Beginn der Räumung. Die sogenannte Wagenburg „Köpi“ gilt seit vielen Jahren als eines der Symbolprojekte der linken Szene in Berlin. (dpa)
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Die Berliner Polizei hat am Freitagmorgen die Räumung des linksautonomen Wagencamps „Köpi“ in Berlin-Mitte vorbereitet. Vor Ort wurden Einsatzkräfte und schweres Gerät zusammengezogen. Reporter sahen gepanzerte Fahrzeuge und viele Einsatzwagen. Dutzende Gegendemonstranten versammelten sich zu drei angemeldeten Kundgebungen. Die Räumung wurde für den Vormittag erwartet. Für den Einsatz sind bis zu 2000 Polizisten eingeplant.
Die Bewohner auf dem Gelände haben Widerstand angekündigt und protestierten am Freitagmorgen von innen per Megafon. Nach Angaben der Polizei wurden bereits in der Nacht in der Umgebung Autos und Gebäude beschädigt. Mehrere Fahrzeuge wurden in Brand gesetzt. Zuvor hatten am Donnerstagabend mehrere Hundert Menschen weitgehend friedlich im nahen Kreuzberg demonstriert.
Das Wagencamp auf einem Gelände an der Köpenicker Straße gilt als eines der letzten Symbolprojekte der linken Szene in Berlin. Auf dem rund 2600 Quadratmeter großen Grundstück neben einem 1990 besetzten Haus am ehemaligen Mauerstreifen wohnen etwa 30 Menschen in Bauwagen. Der Grundstückseigentümer hatte mit Hinweis auf eine Baugenehmigung im Juni erfolgreich auf Räumung geklagt. Einen Eilantrag der Bewohner zum Stopp der Zwangsvollstreckung wies das Berliner Kammergericht am Mittwoch ab.
Die Polizei hatte schon am Donnerstag die Umgebung des Projekts abgesperrt. Dabei seien vom Gelände des Wagencamps Gegenstände geworfen worden, sagte eine Polizeisprecherin. Die Bewohner hatten ihrerseits in den vergangenen Tagen den Zaun um das Gelände zusätzlich verstärkt. Man werde nicht kampflos aufgeben, hieß es vergangene Woche. Unterstützung für Polizei aus anderen Bundesländern
Von den eingeplanten 2000 Polizisten kommen nach Angaben der Sprecherin 700 aus anderen Bundesländern oder von der Bundespolizei. Die Beamten würden nicht nur am Gelände eingesetzt, sondern auch an anderen „signifikanten Örtlichkeiten“, etwa zum Schutz von Parteibüros.
Schon am vergangenen Wochenende hatten Hunderte Unterstützer des „Köpi“ in Mitte und Friedrichshain gegen die Räumung protestiert. In den vergangenen Nächten wurden in der Umgebung mehrfach Mülltonnen und Reifen in Brand gesteckt. Am Mittwochmorgen beschädigten Unbekannte am Bürgeramt in Berlin-Mitte die Verglasung der Eingangstüren und sprühten „Köpi bleibt“ ans Gebäude.
Zu „Köpi“ gehört ein großes Hinterhaus, das aber nicht geräumt werden soll. Das Gebäude am Mauerstreifen von Ost-Berlin wurde 1990, im Jahr nach dem Mauerfall, besetzt. Neben Wohnungen in den oberen Stockwerken gibt es im Keller und den unteren Geschossen einen Konzertraum, eine Kletterwand, eine kleine Sporthalle und ein Kino.
Wie sich die Lage bei der Räumung entwickeln wird, ist kaum vorherzusagen. So war die Gegenwehr bei der Räumung des besetzten Hauses „Liebig 34“ in Friedrichshain im Oktober 2020 wesentlich kleiner als bei ähnlichen Anlässen zuvor. Bei einer Brandschutzprüfung im teilbesetzten Haus „Rigaer 94“ im Juni gab es allerdings einen heftigen Angriff auf die Polizei.

dpa