Archivbild. Demonstranten halten ein Bild des ermordeten Demonstranten Giulio Regeni hoch. (Reuters)
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Fast fünf Jahre nach der Ermordung des italienischen Doktoranden Giulio Regeni hat die römische Staatsanwaltschaft bekanntgegeben, gegen vier ägyptische Geheimdienstmitarbeiter Anklage zu erheben. Die italienische Justiz kündigte zudem an, die Ermittlungen gegen den fünften Verdächtigen der ägyptischen Sicherheitskräfte einzustellen.

Der 28-jährige Student Giulio Regeni war im Januar 2016 im Zentrum von Kairo verschwunden. Seine entstellte und von Folterspuren gezeichnete Leiche wurde neun Tage später an einer Autobahn am Stadtrand von Kairo gefunden.

Zu den Angeklagten zählen die hohen Geheimdienstfunktionäre Tarek Sabir und Magdi Ibrahim Abdelal Sharif. Ihnen wird Entführung, Folter und Mord vorgeworfen. Nach Angaben der Staatsanwälte haben die vier Ägypter 20 Tage Zeit, um Beweise für ihre Verteidigung vorzulegen.

Der Umgang mit den Ermittlungen hatte immer wieder zu einem heftigen Streit zwischen Rom und Kairo geführt. Die italienische Regierung bezweifelte die ägyptische Darstellung, hinter der Tötung des Studenten stecke eine kriminelle Entführerbande. Italienische Medien und westliche Diplomaten vermuteten dagegen, dass Mitglieder der ägyptischen Sicherheitskräfte den Studenten entführten und zu Tode folterten, was wiederum Ägypten vehement bestritt.

Der Doktorand der britischen Universität Cambridge hatte in Ägypten zu Gewerkschaften geforscht. Seine Forschung konzentrierte sich auf die sich verschlechternde Menschenrechtssituation unter dem Regime von Präsident Abd al-Fattah as-Sisi, der nach einem blutigen Militärputsch an die Macht gekommen war.

Kritik an europäischen Beziehungen mit Sisi-Regime

Menschenrechtsorganisationen haben in der Vergangenheit wiederholt vor den Menschenrechtsverletzungen ägyptischer Sicherheitsdienste gewarnt. Amnesty International berichtete Anfang Dezember, allein im November und Oktober seien mindestens 57 Menschen von ägyptischen Behörden hingerichtet worden. Die NGOs beklagen zudem die anhaltend guten Beziehungen und den Handel zwischen europäischen Ländern und dem Sisi-Regime.

07.12.2020, Frankreich, Paris: Emmanuel Macron (r), Präsident von Frankreich, und Abdel Fattah al-Sisi, Präsident von Ägypten, sprechen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Elysee-Palast. (DPA)

„Europäische Regierungen, einschließlich Italiens, verkaufen weiterhin Waffen an Ägypten und ignorieren bereitwillig dessen Missstände, eine Haltung, die Präsident Sisis brutale Herrschaft ermutigt. [...] Erst diese Woche hat der französische Präsident Macron Sisi die höchste Auszeichnung Frankreichs verliehen“, kommentierte Human Rights Watch (HRW) die aktuellen Ermittlungen zum Mord an Guilio Regeni.

„Der bevorstehende Prozess um den Mord an Regeni könnte eine seltene Gelegenheit bieten, den Kreislauf der Straflosigkeit für Ägyptens Sicherheitsapparat zu durchbrechen“, so Claudio Francavilla von HRW zum Regeni-Mord.

TRT Deutsch