Symbolbild: Eine Frau mit Kopftuch.  (AA)
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Ein belgisches Gericht hat ein Brüsseler Verkehrsunternehmen wegen religiöser und geschlechtsspezifischer Diskriminierung zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 50.000 Euro an eine muslimische Bewerberin verurteilt. Diese hatte sich zwei Mal mit Kopftuch um eine Stelle beworben und war in erkennbarer Weise aus diesem Grund nicht eingestellt worden.

Das Interföderale Zentrum für Chancengleichheit (Unia) begrüßte am Mittwoch die Entscheidung des Arbeitsgerichts in Brüssel. „In der Praxis bedeutet dies, dass sie nicht mehr wie bisher diskriminiert werden darf“, sagte die Direktorin des Zentrums, Els Keytsman.

In Vorstellungsgespräche explizit auf Kopftuch angesprochen

Die muslimische Frau mit Kopftuch hatte sich 2015 und 2016 jeweils um eine Verwaltungsstelle bei der Gesellschaft für zwischengemeindlichen Verkehr zu Brüssel (STIB-MIVB) beworben. Ihre Bewerbung wurde beide Male abgelehnt. STIB-MIVB soll die Frau abgelehnt haben, obwohl sie nachweislich die für die ausgeschriebene Stelle erforderlichen technischen Fähigkeiten besaß.

Der Bewerberin wurde mitgeteilt, dass sie ihr Kopftuch ablegen müsse, sollte sie bei dem Unternehmen eingestellt werden. Während des Vorstellungsgesprächs funktionierte die Beschwerdeführerin ihr traditionelles Kopftuch in einen Turban um, aber ihr wurde gesagt, dass Kopfbedeckungen generell nicht erlaubt seien, egal wie sie getragen würden. Danach hörte sie nie wieder etwas von dem Personalverantwortlichen.

Die STIB/MIVB wurde 1954 gegründet und betreibt als kommunaler ÖPNV-Anbieter die 1976 eröffnete U-Bahn der Metro Brüssel, die Straßenbahn Brüssel sowie die innerstädtischen Linienbusse. Das Unternehmen verteidigte seine Politik und behauptete, die Frau wäre nicht wegen ihrer Kopfbedeckung abgelehnt worden.

Keine Gleichbehandlung

Das Gericht, an das die Frau sich gewandt hatte, erklärte nun, dass die sogenannte Neutralitätspolitik der STIB-MIVB nicht kohärent und gerecht durchgeführt werde. Das Vorgehen von STIB-MIVB schade dem Ziel der Vielfalt.

„Heute ist es einer Mitarbeiterin nicht erlaubt, ein Kopftuch zu tragen, während ein männlicher Kollege berechtigt ist, einen Bart zu tragen. Die STIB wird diese Politik genau prüfen müssen und darf nicht länger die Prinzipien der ausschließlichen Neutralität anwenden“, sagte Els Keytsman. Bärte können auch als Zeichen politischer Gesinnung oder ideologischer Überzeugung interpretiert werden.

Das Urteil des Arbeitsgerichts könnte weitreichende Folgen für die STIB haben. Das Unternehmen wurde nun aufgefordert, seine Personaleinstellungspolitik zu ändern und den Grundsatz der Neutralität auszuschließen.

Im Januar dieses Jahres feierte die muslimische Gemeinschaft des Landes die Aufhebung des Verbots von Kopftüchern und anderen religiösen Symbolen an Universitäten. Die Entscheidung wurde von lokalen Beamten in der französischsprachigen Region Wallonien getroffen. Mehr dazu: Kopftuchverbot für Beamtinnen? Bundesrat stimmt für Beamtengesetz

TRT Deutsch