12.03.2021, Großbritannien, Ashford: Polizeifahrzeuge stehen vor einem Waldstück in der Grafschaft Kent, nachdem dort die Leiche der vermissten Sarah E. gefunden worden sein soll. Nach dem Verschwinden der Frau in London ist ein Polizist festgenommen worden. (dpa)
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Es ist, als habe sich etwas Tiefsitzendes endlich gelöst. Zu Tausenden berichten Frauen in Großbritannien über ihre Furcht vor dem einsamen Nachhauseweg. Es sind eindrückliche Schilderungen von der Angst im Nacken, wenn sie einen männlichen Fußgänger hinter sich wissen. Wie sie ihre Schlüssel fester greifen, wie sie extra Turnschuhe angezogen haben, immer bereit zur Flucht. „Jede Frau, die du kennst, ist schon verängstigt nach Hause gegangen“, fasst die Rechtsanwältin Harriet Johnson auf Twitter die Berichte zusammen. Es wirkt wie ein gemeinsamer Aufschrei gegen Gewalt, die viele Frauen im Land von Männern erleben mussten.
Doch dieser Aufschrei erfolgt nicht ohne Grund. Es ist ein weiterer, furchtbarer Kriminalfall, der das Land derzeit in Atem hält: Die seit gut einer Woche vermisste Sarah E. ist tot. Die 33-Jährige ging abends von einer Freundin nach Hause, rund 50 Minuten hätte sie gebraucht. Doch sie kam nie an. Stattdessen wurde die 33-Jährige von einer Straße in Südlondon entführt und getötet. In einem Waldstück in der Grafschaft Kent fand die Polizei eine Leiche, am Freitag bestätigte sie: Es handelt sich um Sarah. Unter dringendem Tatverdacht steht ein Polizist und zweifacher Vater. Der Fall habe „Schockwellen“ durch die Londoner Polizei gejagt, betont die Behörde.
Doch vor allem ist der Schock groß über eine weitere von einem Mann getötete Frau. Zwar beeilte sich Londons Polizeichefin Cressida Dick zu betonen, dass eine Entführung auf offener Straße eine absolute Seltenheit sei. Die zahlreichen Berichte in sozialen Netzwerken werfen aber ein anderes Licht auf das Thema - wie auch Umfragen.
Fast jede junge Frau in Großbritannien ist eigenen Angaben zufolge sexuell belästigt worden, wie die britische Vertretung der UN-Organisation für Geschlechtergerechtigkeit (UN Women UK) mitteilte. Doch nur 4 Prozent der Betroffenen meldeten demnach den Vorfall - und 45 Prozent glaubten nicht, dass sich dadurch etwas geändert hätte. „Vielleicht ist das Schockierendste an diesen Zahlen, dass sie nicht überraschend sind“, kommentierte das Online-Portal „Politico“. Die Chefin von UN Women UK, Claire Barnett, sprach von einer „Menschenrechtskrise“.

dpa