19.05.2017, Großbritannien, London: Julian Assange, Wikileaks-Gründer, grüßt vom Balkon der Botschaft von Ecuador aus. (dpa)
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Der Rechtsstreit des inhaftierten Wikileaks-Gründers Julian Assange mit den USA geht an diesem Mittwoch in eine neue Runde. Vor einem Gericht in London beginnt eine neue Anhörung, in der es um den Einspruch der Vereinigten Staaten gegen ein früheres Urteil geht. Unterstützer fordern die sofortige Freilassung des 50 Jahre alten Australiers, der seit mehr als zwei Jahren in Großbritannien inhaftiert ist. Assange wird zu dem Termin persönlich erwartet.

Whistleblower oder Verräter?
Die US-Justiz wirft dem Australier vor, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Er habe damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht. Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte. In den USA drohen ihm bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft.
Das Strafgericht Old Bailey in London hatte im Januar einen US-Auslieferungsantrag wegen der schlechten psychischen Gesundheit Assanges und der zu erwartenden Haftbedingungen in den Vereinigten Staaten abgelehnt. Assange kam aber nicht auf freien Fuß, weil die USA Berufung einlegten. Diese wurde zugelassen, allerdings wurden nicht alle von den Amerikanern dargelegten Gründe akzeptiert. Richter entscheiden über Zustand von Assange
Nun versuchen die USA, in den verbleibenden Punkten Recht zu bekommen. Konkret geht es um die Einschätzung der zuständigen Richterin, wonach Assange psychisch und körperlich in schlechter Verfassung sei. Beobachter halten die Entscheidung über diese Fragen für wegweisend für den weiteren Verlauf des Verfahrens.
Assanges Unterstützer fordern die Regierung von US-Präsident Joe Biden auf, das Verfahren gegen den Wikileaks-Gründer zu stoppen. „Es ist absolut klar, dass die US-Regierung die Vorwürfe fallen lassen sollte. Die Biden-Regierung kann nicht die Pressefreiheit verteidigen und gleichzeitig diesen Fall weiterführen“, sagte Assanges Partnerin Stella Moris der britischen Nachrichtenagentur PA. Glaubwürdigkeit der USA auf dem Spiel
Der Geschäftsführer der Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Am Ende ist das auch für die Glaubwürdigkeit der USA entscheidend.“ Diese hätten schließlich „angekündigt, auf die Weltbühne zurückzukehren“. Beobachter gehen davon aus, dass sich das Verfahren andernfalls noch über weitere Instanzen und damit womöglich noch Monate oder sogar Jahre hinziehen könnte.
Reporter ohne Grenzen sowie Assanges Unterstützer-Netzwerk fordern die sofortige Freilassung des 50-Jährigen. Der Londoner High Court hatte einen solchen Antrag im Januar abgelehnt. „Aus unserer Sicht gibt es kein Grund, ihn einzusperren“, sagte Mihr. Assange hatte zuvor jahrelang in der Botschaft Ecuadors in London gelebt. 2019 entzog ihm das das südamerikanische Land jedoch den Schutz und überließ ihn den britischen Behörden. Inzwischen hat er auch die ecuadorianische Staatsbürgerschaft wieder verloren.

dpa