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Als der damalige US-Verteidigungsminister Ashton Carter im Frühjahr 2016 während einer Anhörung beim Senatsausschuss auf eine Frage von Senator Lindsey Graham bestätigte, dass es substantielle Verbindungen zwischen der PYD/YPG in Syrien und der PKK gebe, hätten Beobachtern und Beteiligten von Washington über London bis Berlin eigentlich die Augen aufgehen müssen. Er bezog sich hierbei auf offensichtliche Verflechtungen zwischen diesen Organisationen. Alle drei Gruppierungen benutzen vermeintlich harmlose Bezeichnungen, als ob es sich hierbei um Vorbilder für demokratische Bewegungen und Ideale handeln würde; jedoch könnte nichts weiter davon entfernt sein.

An zusätzlicher Brisanz gewann diese nunmehr jahrelang anhaltende Debatte jetzt auch wieder in Deutschland, wo zwei Gerichtsurteile in Duisburg sowie München für Aufsehen sorgen.

Zuerst nach Duisburg, wo das dortige Amtsgericht im November einem Antrag der Staatsanwaltschaft widersprach, die gefordert hatte, das Tragen der YPG-Fahne als einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz zu bewerten. Unabhängig davon, dass die Angeklagte im Oktober 2019, kurze Zeit nachdem sie ihre YPG-Fahne abgelegt hatte, bei einer Veranstaltung zweimal „PKK“ rief, urteilte das Gericht, es gebe keinerlei Tatbestand, da die YPG laut Vereinsgesetz nicht verboten sei.

Zwei Wochen danach kam es in Bayern zu einem weiteren unerwarteten Rechtspruch. Dort hatte es zumindest theoretisch die Möglichkeit zur Verfolgung bei Benutzung von YPG- sowie YPJ-Symbolen gegeben. Die „Frauenverteidigungseinheiten“ (YPJ) stellen einen weiteren Zweig der PKK dar.

Das Amtsgericht München hatte das Zeigen von YPG/YPJ-Fahnen bei Veranstaltungen erlaubt, die Staatsanwaltschaft erhob Einspruch. Aber das Oberste Landesgericht beschloss nun, dass genau jene Symbole auf Veranstaltungen oder auch im Internet gezeigt werden dürfen.
Interessanterweise teilte aber selbst das Oberste Landesgericht in seiner Stellungnahme mit, dass „politische und persönliche Verflechtungen“ zwischen der YPJ und PKK beständen.

Sachlage eigentlich eindeutig

Der Atlantic Council stellte in seiner Analyse Anfang 2016 (Aaron Stein, Michelle Foley) ein belastendes Foto vor: YPG-Milizen gehen auf einen Checkpoint nahe der syrischen Stadt Afrin zu, wo neben einem dekorierten Erdhügel, verziert mit den Abkürzungen YPG sowie YPJ, eindeutig das Porträt von Abdullah Öcalan angebracht ist – und zwar riesengroß. Das Bild wurde zuerst von Reuters publiziert und fand später Verbreitung in anderen Medien. Das „Wall Street Journal“ zitierte in diesem Zusammenhang einen Kämpfer mit dem Namen Zind Ruken, der erklärte: „Manchmal bin ich ein PKKler, manchmal bin ich ein PJAKler (die PKK-Schwesterorganisation im Iran), manchmal bin ich ein YPGler. Es macht wirklich keinen Unterschied, sie alle gehören zur PKK.“

Der Atlantic Council ging auch auf die hohe Anzahl von im Kampf getöteten YPG-Mitgliedern ein. Die YPG selbst gab an, dass rund 49 Prozent der zwischen 2013 und 2016 getöteten Mitglieder ursprünglich aus der Türkei stammten.

Es gibt hierzu noch eine weitere öffentlich gemachte Aussage, die sogar noch mehr Sprengkraft besitzt als die von Ashton Carter (s.o.). General Raymond Thomas erklärte im Juli 2017, warum er selbst der PKK geraten habe, eine neue Unterorganisation einzurichten: um so die Bedenken der Türkei zu umgehen und der Terrororganisation ein neues Image zu verleihen. Die PKK habe dann den Namen „Demokratische Kräfte Syriens“ (SDF) für ihre Truppen im Norden Syriens vorgeschlagen. Diese Bezeichnung wird seit Oktober 2015 verbreitet. General Thomas sagte weiter, er habe die Tatsache, dass die YPG das Wort „demokratisch“ verwendet, als durchaus komisch empfunden.

Verlassen wir nun die USA und nehmen Bezug auf die Aussagen von Eva Savelsberg, die mitteilte, dass das Personal der PKK und YPG miteinander verflochten ist. Savelsberg ist Mitgründerin und Vorstandsvorsitzende des privaten Europäischen Zentrums für Kurdische Studien in Berlin. Sie wird oft als Expertin für Nordsyrien sowie die PKK befragt. Gegenüber „t-online“ folgerte sie: „Es ist faktisch dieselbe Organisation. Man kann es nicht wirklich trennen. Wenn Sie schauen, wer in Kobane gegen den IS (Daesh) gekämpft (hat), dann wurden PYDler sehr bald stark von der PKK verstärkt. Die Toten im Kampf (…) waren zu 50 Prozent in der Türkei geborene Kurden. Das sind starke Hinweise, und wenn sie sich das Führungspersonal anschauen, ist es keine Frage mehr. Letztendlich ist es unbestreitbar, dass das Personal der PKK und der YPG dasselbe ist.“ Sie geht dann weiter auf folgenden Punkt ein: „Es ist aber sehr irritierend, dass man in Afrin die YPG auf Panzern mit Öcalan-Fahnen auf der einen und Assad-Fahnen auf der anderen Seite sieht. Es ist schwer zu verstehen, wie solch eine Gruppe im Westen als linke fortschrittliche Gruppe betrachtet werden kann.“ Ihre Aussagen sind bei diesem Thema richtungweisend.

Vom Norden Syriens nach Nordwestdeutschland: Terrorfinanzierung kennt keine Grenzen

In einer aufdeckenden Berichterstattung vom Februar 2019 stellte das Nachrichtenmagazin „Focus“ vieles klar und rückte damit die Einstellung so mancher Bürger, die die PKK als linksliberale Befreiungstruppe mit Revolutionscharme ansehen, gerade. Unter dem Titel „PKK-Vereinigung: Wie die Kurdenpartei ihr Geschäft in Deutschland finanzierte“ wird auch Bundesinnenminister Horst Seehofer genannt: „Seehofer macht kurdische Vereinigungen dicht“. Konkret ging es um zwei Teilorganisationen der PKK. Zwei Verlage waren Teil der Ermittlungen geworden. Dort steht zudem, dass sie als Sprachrohr der PKK fungierten. Deutschland sei „Raum des Rückzugs, der Refinanzierung und Rekrutierung“. Es gebe rund 2000 PKK-Anhänger in NRW, die jedes Jahr mehrere Millionen Euro für die PKK sammeln.

Blicken wir zurück auf das Jahr 1993: Bundesinnenminister Manfred Kanther beschloss, die PKK zu verbieten. Das Verbot beinhaltete 35 Teilorganisationen. Zitat aus der Verlautbarung: „Das Verbot der PKK ist geboten, da sie mit Gewalttaten ihre Ziele verfolgt (…); zur Durchsetzung ihrer Ziele übt die PKK Druck auf kurdische Mitbürger aus, sich ihr anzuschliessen, verfolgt politisch Andersdenkende und es besteht der Verdacht, dass sie Gelder zum Zwecke ihrer Gewalttaten erpresst.“

Geldwäsche, Rekrutierung, Erpressung, Menschenhandel, Vorbereitung von Terrorakten in der Türkei, aber auch in Nordsyrien und anderen Teilen der Welt. Hinzu kommt die Vermutung, dass die PKK Schutzgelder von Unternehmern eintreibt – vor allem im Gastgewerbesektor.

Deutsche Rechtsprechung muss YPG/YPJ als Terrormiliz einstufen

Wir erinnern uns an die Zusammenfassung des so stimmig von Manfred Kanther eingebrachten PKK-Verbots im Jahre 1993. Was aber fehlt ist a) eine viel konsequentere Handhabung genau dieser Gesetze, um die PKK und andere Terrorgruppen von deutschem Boden zu verbannen und hoffentlich dasselbe in den bennchbarten PKK-Hochburgen im EU-Ausland zu erzielen, sowie b) eine permanente Überprüfung, ob eventuell neu auftauchende Gruppierungen in die Liste aufgenommen werden sollten.

Und um eine letzte falsche Behauptung vom Beobachtertisch zu wischen: Die PYD/YPG/PKK wollte noch nie einen „Sicherheitskorridor“ südlich der türkischen Grenze, sonder sie will ein „unabhängiges Kurdistan“ ausrufen, das nach ihrer ideologischen Ausrichtung gestaltet ist – gegen den Willen der absoluten Mehrheit der Kurden und mit Gebietsansprüchen gegenüber der Türkei. Das die PKK für dieses Ziel terroristische Methoden bevorzugt, liegt auf der Hand. Was nun fehlt, ist eine Anpassung der deutschen Anti-Terrorgesetzgebung – und zwar so schnell wie möglich.

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