Angriff auf Medienhaus in Gaza (AA)
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Die Pressefreiheit, eines der Fundamente moderner liberaler Demokratien, gilt als Derivat der Meinungsfreiheit und gewinnt dadurch ihre Legitimität. Die Medien erfüllen als Mittel, Reaktionen der Öffentlichkeit in Bezug auf politische, gesellschaftliche und kulturelle Prozesse abzubilden, für die Massen eine große Funktion. Deshalb beschränkt sich die Pressefreiheit nicht auf die Freiheit für Journalisten, Nachrichten und Beiträge uneingeschränkt zu veröffentlichen. Pressefreiheit bedeutet eben auch freier Zugang zu Informationen und Nachrichten für die gesamte Gesellschaft. Gerade im Zuge der Globalisierung nehmen öffentliche Rundfunkanstalten, die internationale Inhalte produzieren, in diesem Sinne einen wichtigen Platz ein und informieren die Öffentlichkeit über Ereignisse in verschiedenen Teilen der Welt. Doch gegenwärtig wird die Pressefreiheit in verschiedenster Weise bedroht und eingeschränkt.

Israels Verstöße gegen die Pressefreiheit

Palästina, das schon seit Jahrzehnten israelischer Unterdrückung ausgesetzt ist, bietet wichtige Beispiele für Verletzungen von Grund- und Freiheitsrechten. Neben der völkerrechtswidrigen Besatzungspolitik bedroht eine von Gewalt geprägte Agenda, die bis hin zu Massentötungen reicht, in jeder Hinsicht die Freiheiten des palästinensischen Volkes. Der israelische Staat, der sowohl in symbolischer als auch physischer Form unterschiedliche Arten der Gewalt anwendet, hat es in jüngster Vergangenheit auf internationale Pressevertreter und die Pressefreiheit abgesehen.

Israel zeichnet mit den Angriffen der letzten Wochen auf das Gebäude, in dem sich Vertreter von Associated Press (AP), Al Jazeera und einiger weiterer staatlicher Fernsehsender befanden, für einen großen Skandal in puncto Verletzungen des Völkerrechts und der Pressefreiheit verantwortlich. Ähnlich sind auch Medienvertreter wie die Nachrichtenagentur Anadolu und TRT World, welche Israels Gewaltpolitik auf die internationale Agenda bringen, unterschiedlichstem Druck ausgesetzt und ihre Freiheit, Nachrichten zu produzieren, wird eingeschränkt. Diese Unterdrückungspolitik ist zudem nicht auf israelbezogene Themen begrenzt.

Auch die Verhaftung und Drangsalierung der Reporter, die über den israelischen Terror berichten, von Medienorganen wie Al Jazeera, aber insbesondere der international agierenden Medienanstalten der Türkei durch Israel, die ist als mutwillige Behinderung der Verbreitung dieser Nachrichten zu deuten. Dieser Versuch Israels Medienorgane, die die Gewalt gegen das palästinensische Volk auf die Tagesordnung der internationalen Öffentlichkeit bringen und über die Geschehnisse informieren, kommt einer besonderen Verletzung der Pressefreiheit gleich. Der Westen hingegen, von der nur leise Töne zu den israelischen Übergriffen zu vernehmen waren, nimmt diesbezüglich eine subjektive Position sowohl auf zivilgesellschaftlicher als auch staatlicher Ebene ein.

Die Haltung des Westens

Betrachtet man die langjährige Besatzungs- und die Repressionspolitik Israels aus westlicher Sicht, so ist bemerkenswert, dass sowohl Staaten als auch Medien eine proisraelische Haltung einnehmen. Österreichs offene Unterstützung der israelischen Angriffe, Macrons Treffen mit Netanjahu mit der Verlautbarung, die Hamas sei die Quelle der Spannungen in der Region und Merkels Solidaritätserklärung mit Israel zeigen deutlich, welche Positionen auf staatlicher Ebene eingenommen werden. Westliche Staaten, die Israel von Zeit zu Zeit implizit und manchmal auch offen ihre Unterstützung erklären, leugnen die Rolle Israels in den Spannungen im Nahen Osten und verharmlosen israelische Gewalt mit Blick auf ein vermeintliches Recht auf Selbstverteidigung. Diese Haltung der Staaten kann weitgehend auch in westlichen Medienorganen beobachtet werden. Die internationale Medienordnung, mit ihrem oligopolistischen Charakter, legitimiert, auch aufgrund des Einflusses der israelischen Lobby, die Gewalt, auf unterschiedlichste Weise und produziert Nachrichten und Beiträge, die die Politik Israels rechtfertigen.

Der Bericht mit dem Titel „The Israel Lobby“, den John Mearsheimer und Stephen Walt Anfang der 2000er Jahre verfassten, zeigt auf, wie die israelische Lobby die US-Außenpolitik beeinflusste und in verschiedene Geschehnisse manipulierte. Dieser Bericht, der im später in erweiterter Form auch als Buch erschienen ist, verdeutlicht mit sehr anschaulichen Beispielen, wie die israelische Lobby international, aber vorwiegend im Westen, durch Beeinflussung der Medien, Think-Tanks und der Zivilgesellschaft die internationale Bühne zu lenken versucht. Dem Bericht zufolge wird durch diese Lobby verhindert, dass kritische Beiträge über Israel in den US-Medien veröffentlicht werden und Kritik an den USA aufgrund ihrer Israelpolitik geübt wird. Gleichzeitig werden diejenigen, die in den USA antiisraelische Beiträge und Nachrichten in Zeitungen herausbringen, heftiger Kritik ausgesetzt und verlieren sogar ihren Job. Eine ähnliche Haltung ist auch in den europäischen Medienanstalten deutlich zu erkennen. So hat beispielsweise die Deutsche Welle (DW), das internationale-öffentlich-rechtliche Medienorgan Deutschlands, untersagt, kritische Nachrichten über Israel zu bringen und verweist dabei, wegen des Völkermordes an den Juden, auf die besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber dem jüdischen Staat. Die DW, die ein Interview aufgrund der dort geäußerten Kritik an Israel aus ihrem Programm entfernte, veröffentlichte einige Regeln, die bei der Produktion von Nachrichten und Inhalten über Israel zu beachten sind, und führte damit eine Art Selbstzensur für die eigenen Mitarbeiter ein. Wie aus diesen Beispielen ersichtlich, wird die israelische Lobby bei kritischen Beiträgen zu Israel aktiv und übt sofort öffentlichen Druck auf die Medienhäuser aus und zwingt diese einen Rückzieher zu machen. Diese Lobby, die eine essenzielle Rolle bei der Steuerung des Nachrichtenflusses und der öffentlichen Meinung sowohl in den USA als auch in Europa spielt, nutzt ihre Macht, um sich Entwicklungen, die israelischen Interessen wiedersprechen, entgegenzustellen und darüber hinaus Israels Politik Israels zu legitimieren.

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