Österreich: Neun von zehn armutsgefährdeten Familien fehlt Geld für Essen (Symbolbild) (dpa)
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In Österreich fehlt es nach zwei Jahren Corona-Pandemie neun von zehn armutsgefährdeten Familien an Geld für Kleidung, Essen und Wohnen. Aus diesem Grund fordert die gemeinnützige Hilfsorganisation Volkshilfe eine Kindergrundsicherung, um die betroffenen rund 1200 Kinder vor Armut zu schützen. Aktuelle Daten, die im Zuge des Projekts „Existenzsicherung“ erhoben wurden, stellte die Organisation am Mittwoch bei einer Pressekonferenz vor.

Projekt „Existenzsicherung“ läuft noch bis April

Die betroffenen Familien sind laut Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger mit vielfältigen Problemen konfrontiert. So hätten 43 Prozent der Befragten über psychosoziale Belastungen wegen der Corona-Pandemie geklagt, 33 Prozent gaben Mehrfachbelastungen an und elf Prozent leiden nach eigener Darstellung unter Einkommensverlusten.

Im Rahmen des Projekts „Existenzsicherung“ seien rund 500 von Armut gefährdete und betroffene Familien ein Jahr lang mit 100 Euro monatlich pro Kind unterstützt worden. Das Sozialministerium habe mit einer Summe von über einer Million Euro das Projekt unterstützt, das noch bis April läuft.

Neun von zehn betroffenen Familien hätten das zusätzliche Geld für die absolute Grundversorgung ausgegeben: 54 Prozent nannten diesbezüglich Kleidung, 33 Prozent Lebensmittel und 24 Prozent Wohnen. Fenninger zufolge ermögliche das Geld armutsbetroffenen Familien de facto kein zusätzliches Plus.

Finanzielle Hilfe reicht nicht aus

Auch der aktuelle Preisanstieg bei Nahrungsmitteln, Energie- und Mietkosten werde das Problem nur weiter verschärfen, erklärt die Volkshilfe. Der von der Regierung beschlossene Teuerungsausgleich von 150 Euro sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, reiche aber nicht aus. Fenninger fordert daher, die Regierung solle, „solange die Inflation so hoch ist“, eine doppelt so hohe Hilfe nicht einmalig, sondern monatlich auszahlen.

Jede vierte begünstigte Familie wolle mit der finanziellen Hilfe Schulsachen kaufen, jede zehnte das Geld für Computer, Drucker oder den Internetanschluss ausgeben.

Für soziale Zwecke wollen 15 Prozent der Betroffenen die zusätzlichen Mittel verwenden. Geburtstage, Ausflüge und Weihnachten blieben bei der Verwendung hingegen außen vor, konstatierte Fenninger. Besonders das Weihnachtsfest stelle für jede fünfte Familie eine besondere finanzielle Belastung dar.

Zehn Prozent der armutsgefährdeten Familien fehle zudem nötiges Geld für eine Therapie. Fenninger monierte in diesem Zusammenhang den Mangel an kassenfinanzierten Therapieplätzen sowie fehlende Kostenübernahmen. Die Volkshilfe fordert bei medizinischer Indikation die kassenfinanzierte Versorgung und kostenfreie Therapien ohne Wartezeiten für Kinder und Jugendliche in ganz Österreich.

Abschaffung der Kinderarmut nur durch Absicherung möglich

Zur Abschaffung der Kinderarmut forderte die Volkshilfe außerdem den flächendeckenden Ausbau kostenfreier Kinderbetreuungseinrichtungen und ganztägiger Schulformen – mit Rundumversorgung von Kindern. Eltern sollen über die Anpassung von Transferleistungen und die Erhöhung des Arbeitslosengeldes finanziell abgesichert werden.

In diesem Zusammenhang plädierte Fenninger erneut für eine staatliche Kindergrundsicherung. Zwar unterstützten etliche Politiker unterschiedlicher Parteien die Forderung, eine Mehrheit dafür im Nationalrat sei derzeit dennoch nicht zu erwarten. Für eine Kindergrundsicherung hatte sich auch Sozialminister Wolfgang Mückstein im Dezember ausgesprochen – allerdings mit dem Verweis, dass diese nicht im Regierungsprogramm verankert sei.

TRT Deutsch