Ministerin Lemke: Inflation treibt private Haushalte in finanzielle Not
Die hohe Inflation belastet nach Ansicht von Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke viele Privathaushalte. Als Folge der hohen Preise könnte es nach Einschätzung von Experten zu einer Zunahme von Überschuldung und Privatinsolvenzen kommen.
Ministerin Lemke: Inflation treibt private Haushalte in finanzielle Not / Photo: DPA (DPA)

In der Bundesregierung gibt es die Sorge vor einer Verschuldungswelle bei den privaten Haushalten infolge der anhaltend hohen Inflation. „Die gestiegenen Preise stellen viele Menschen vor ernsthafte Probleme“, sagte Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) dem „Handelsblatt“ am Dienstag. Viele Bürgerinnen und Bürger seien schon jetzt „erheblich überschuldet“, betonte die Ministerin. Wer nicht mehr alle Rechnungen und Kredite bezahlen könne, sollte sich frühzeitig um Beratung und Hilfe bemühen. „Für sie ist die Unterstützung durch Schuldnerberatungsstellen besonders wichtig, damit sie nicht in eine Schuldenspirale geraten“, sagte Lemke. Aktuell liegt die Teuerungsrate bei 6,4 Prozent, wobei Lebensmittel die stärksten Preistreiber sind.

Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform teilt diese Einschätzung. „Der andauernde finanzielle Stress setzt den Verbrauchern doppelt zu“, sagte der Leiter der dortigen Wirtschafsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch, der Zeitung. „Die Lebenshaltungskosten wie Strom, Miete, Lebensmittel und andere Investitionen fressen einen großen Teil des Einkommens und der Ersparnisse.“ In der Folge hätten viele Bürger keine Chance, etwas für schlechtere Zeiten zur Seite zu legen. „Das wird absehbar zu einer höheren Verschuldung und Überschuldung führen.“

Die Konsequenz sei „eine Zunahme an Überschuldung und Privatinsolvenzen, da vielen Menschen mit wenig Einkommen keine andere Wahl bleibt, als ihre höheren Lebenshaltungskosten durch eine zunehmende Verschuldung zu finanzieren“, wird der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, zitiert. Er sprach von einer „höchst unsozialen Krise“. Geringverdiener seien mit einer zwei- bis dreimal stärkeren Verteuerung der Lebenshaltungskosten konfrontiert als Menschen mit hohen Einkommen. „Der Grund ist, dass Menschen mit geringen Einkommen einen viel höheren Anteil ihres monatlichen Einkommens für Lebensmittel und Energie ausgeben müssen, also für Produkte, die sehr viel teurer geworden sind.“

Fratzscher fordert als Konsequenz daraus mehr staatliche Hilfen. „Eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns und des Bürgergelds, deutlich mehr Geld für die Kindergrundsicherung und direkte Finanztransfers für besonders stark betroffene Bürgerinnen Bürger sind der richtige Weg, den die Bundesregierung einschlagen sollte“, sagte der DIW-Chef.

Reuters