Kinos haben sich von Pandemie-Phase noch nicht erholt
Zu Beginn der Pandemie war befürchtet worden, dass viele Kinos dauerhaft schließen werden. Ein Kinosterben blieb zwar aus, doch die Geschäfte laufen nicht mehr wie gewohnt. Zudem kommen neue Hürden auf die Branche zu.
Archivbild. 13.02.2022, Berlin: Kinobesucher sitzen zur Premiere des Films „Komm mit mir in das Cinema - Die Gregors“ mit Masken und Abstand im Kinosaal vom Delphi-Filmpalast. (DPA)

Mit Beginn der Pandemie haben viele Leute um die Kinolandschaft gefürchtet. Monatelang blieben die Leinwände in Deutschland dunkel und die Menschen zuhause. Zweieinhalb Jahre später zeigt sich, dass Besucherinnen und Besucher ins Kino zurückgekehrt sind. Aber die Geschäfte laufen noch immer nicht so wie vorher. Im ersten Halbjahr 2022 wurden rund 33,2 Millionen Tickets verkauft, wie die Filmförderungsanstalt (FFA) in Berlin am Donnerstag mitteilte. Das ist zwar ein Vielfaches mehr als ein Jahr zuvor - damals hatten Filmtheater wegen des Coronavirus weitgehend geschlossen -, aber es sind noch immer etwa 20 Millionen Tickets weniger als vor der Krise. Die Ticketverkäufe liegen laut Statistik etwa 38 Prozent unter denen des ersten Halbjahrs 2019, auch der Umsatz ist mit 305,7 Millionen Euro noch immer etwa ein Drittel niedriger. „Auf den ersten Blick sind das schlechte Zahlen, aber es gibt Hoffnung“ „Auf den ersten Blick sind das schlechte Zahlen, aber es gibt Hoffnung“, teilte FFA-Vorstand Peter Dinges mit. „Hatten wir von Januar bis Mai im Vergleich zu 2019 bei den Ticketverkäufen deutliche Verluste, konnte im Juni sogar ein kleines Plus von 2,3 Prozent erreicht werden. Die Umsätze sind im Juni sogar um 14,2 Prozent gestiegen.“ Das liege zum Teil an höheren Eintrittspreisen. Der Kinobesuch ist laut Statistik nämlich etwas teurer geworden. Vor Beginn der Pandemie kostete ein Ticket im ersten Halbjahr 2019 im Schnitt 8,60 Euro - im ersten Halbjahr 2022 waren es durchschnittlich 9,21 Euro. Zwischenzeitlich waren die Preise etwas gesunken. In größeren Kinos kostet die Kinokarte dabei im Schnitt etwas mehr als in Kinos mit weniger Leinwänden. Werden die Preise weiter steigen? Und was bringt der Herbst? Die Vorstandsvorsitzende des Verbands HDF Kino, Christine Berg, sieht mehrere Knackpunkte. Zum einen freut sie sich. „Letztes Jahr hat man uns tot gesagt - und wir haben über 60 Prozent der Besucher wiederbekommen“, sagte sie. Da sei noch Luft nach oben, aber die Kinoleute seien glücklich, dass sie schon so weit gekommen seien. Befürchtetes Kinosterben blieb aus Besonders gut liefen etwa die Fortsetzungen von „Phantastische Tierwesen“, „Top Gun“ und „Doctor Strange“. „Sobald große Filme laufen, kommen die Leute“, sagte Berg. Kleinere Filme seien dagegen im Moment eher schlecht besucht. „Dieses Phänomen ist überall sichtbar“, sagte Berg mit Blick auf Theater und Opernhäuser, mit denen man in Kontakt sei. Ein Grund dafür sei sicherlich, dass „die Leute im Moment ganz viel nachholen wollen“, sagte Berg. Die Menschen wollten gerne in Freizeitparks, sie wollten Essen gehen, Freunde treffen, aber auch in die Oper, ins Theater, ins Kino. „Und dann guckt man immer nur das Highlight, was man eben mitbekommen hat.“ Jetzt gehe es darum, die Menschen wieder zu begeistern, auch für den kleinen Film. Dafür setzt die Branche auch auf ein Kinofest. Am 10. und 11. September sollen die Vorstellungen in Hunderten Kinos nur fünf Euro kosten. Zu Beginn der Pandemie war befürchtet worden, dass viele Kinos dauerhaft schließen werden. Das zeigt sich in der Statistik nicht. „Vorerst erleichtert können wir feststellen, dass die Kinobranche die Pandemie bis jetzt ganz gut überstanden hat“, teilte Dinges mit. Die staatlichen Hilfen hätten gut funktioniert. Wie es nach dem Auslaufen der Hilfen weitergehe, müsse sich zeigen. Ausgelaufene Überbrückungshilfen setzen Branche unter Druck Fragt man Berg, warum ein Kinosterben ausgeblieben ist, argumentiert sie mit zwei Punkten. Zum einen habe die Politik rechtzeitig bestimmte Hebel in Bewegung gesetzt. Zum anderen müsse man sich die Historie der Kinos anschauen. Viele Kinos seien Familienbetriebe über Generationen. Das gebe man nicht einfach auf, da nehme man eher noch eine Hypothek aufs Haus auf. Berg sieht in den nächsten Monaten mehrere Unsicherheiten. „Es wird jetzt ein schwieriger Herbst und ein schwieriger Winter.“ Zum einen seien die Überbrückungshilfen ausgelaufen. „Und dazu kommt: Die Leute haben weniger Geld in der Tasche. Wir wissen nicht, welche Einschränkungen auf uns zukommen in Bezug auf Corona. Und - das darf man auch nicht unterschätzen: Wir haben eine Fußball-Weltmeisterschaft, die im November und Dezember kommt.“ Die kalten Monate sind eigentlich die wichtigsten fürs Kinogeschäft. Wenn es draußen nieselt, zieht es viele eher ins Kino als an lauen Sommerabenden. Nun findet die WM in Katar statt. Sie alle wüssten nicht, wie die Menschen darauf reagierten, sagte Berg. Hinzu kommt die mögliche Gas-Versorgungskrise. Auch die Kinobranche muss sich überlegen, wie sie Energie sparen kann.

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