Putsch im Niger: Erstes Evakuierungsflugzeug in Paris gelandet
Nach dem Militärputsch im Niger haben Frankreich und Italien mit der Evakuierung ihrer Staatsbürger begonnen. Die neue Militärregierung hat die Grenzen zu fünf Nachbarstaaten wieder geöffnet.
Putsch in Niger: Erstes Evakuierungsflugzeug in Paris gelandet / Photo: DPA (DPA)

Eine Woche nach dem Militärputsch im Niger hat nach Frankreich auch Italien mit der Evakuierung seiner und ausländischer Staatsbürger aus dem westafrikanischen Land begonnen. Zwei französische Evakuierungsmaschinen aus dem Niger sind in der Nacht auf Mittwoch in Frankreich angekommen. Das teilte der französische Generalstab am Mittwoch mit. Das erste Flugzeug hatte mehr als 260 Menschen an Bord, darunter zwölf Babys. Die meisten Fluggäste waren Franzosen.

Mit den Evakuierungsflügen Frankreichs konnten bisher mehr als 40 Deutsche das westafrikanische Land Niger nach dem Militärputsch verlassen. „Heute wird es noch weitere Flüge geben. Ich danke meiner französischen Amtskollegin Catherine Colonna dafür von ganzem Herzen“, teilte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Mittwoch weiter mit.

Nach Informationen des französischen Generalstabs waren auch zwei weitere Flugzeuge für die Evakuierung nach Niamey geschickt worden. Frankreich hatte angeboten, auch Menschen aus anderen europäischen Ländern aus dem Niger zu evakuieren.

Internationaler Flughafen von Niamey (DPA)

Ein Sonderflug sei am Mittwochmorgen in Rom gelandet, teilte Außenminister Antonio Tajani auf Twitter mit. An Bord des Flugzeugs waren nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa 87 Menschen, unter ihnen 36 Italiener, 21 Amerikaner, vier Bulgaren und zwei Österreicher. Im Niger befinden sich nach Angaben Tajanis knapp 100 Italiener.

Auswärtiges Amt zur Ausreise aus dem westafrikanischen Land

Der Betrieb auf dem Flughafen der nigrischen Hauptstadt Niamey war nach dem Umsturz offiziell noch bis einschließlich Freitag untersagt. Frankreich erhielt aber die Erlaubnis, mit drei Maschinen zu landen.

Das Auswärtige Amt sprach am Dienstag zudem eine Reisewarnung aus und riet deutschen Staatsangehörigen zur Ausreise. Alle Deutschen dort sollten prüfen, ob ihr Aufenthalt weiter zwingend notwendig sei und gegebenenfalls die nächste Ausreisemöglichkeit nutzen, wurde der Deutschen Presse-Agentur in Berlin nach einer Sitzung des Krisenstabs mitgeteilt. Im Niger befinden sich aktuell knapp 100 deutsche Zivilisten. Auch das britische Außenministerium sprach eine Reisewarnung aus.

Militärregierung im Niger öffnet Grenze zu fünf Nachbarstaaten

Die neue Militärregierung in Niger hat die Landes- und Luftgrenzen zu fünf Nachbarstaaten wieder geöffnet. Wie der Sprecher der Junta in der Nacht zum Mittwoch im nationalen Fernsehen mitteilte, handelt es sich dabei um die Grenzübergänge nach Mali, Burkina Faso, Algerien, Libyen sowie zum Tschad. Zudem ernannte die Junta neue Gouverneure für die acht Regionen des Landes.

Machtübernahme in Niger: Verfassung außer Kraft gesetzt

Am Mittwoch vergangener Woche hatten Offiziere der Präsidialgarde den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Präsidialgarde, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich am Freitag selbst zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde - und ein wichtiger Partner für den Westen.

Niger: Anhänger der Militär-Junta setzen den Eingang der französischen Botschaft in Brand. (DPA)

Die Bundeswehr betreibt in Niamey einen Lufttransportstützpunkt, auf dem derzeit auch mehr als 100 deutsche Soldaten stationiert sind. Zudem hat dort das Personal der Deutschen Botschaft Zuflucht gefunden. Der Umsturz stellt die Bundeswehr nun vor große Herausforderungen. Der Stützpunkt ist zentrales Drehkreuz für die deutschen Soldaten in der Region. Auch der laufende Abzug deutscher Blauhelme der UN-Mission Minusma aus dem benachbarten Mali läuft darüber. Die Militärregierung in Mali hatte einen Abzug der UN-Soldaten bis Ende des Jahres gefordert.

Pistorius: Such nach Alternativen für Rückzug aus Mali

Wenn es einen Weg gebe, die Sicherheit der Soldaten zu garantieren, „dann werden wir auch versuchen, an einem Stützpunkt festzuhalten“, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Zugleich werde nach Alternativen gesucht, wie der Rückzug aus Mali über andere Flugstrecken organisiert werden könnte.

Schon jetzt sei absehbar, dass der Putsch den Abzug der Bundeswehr aus Mali viel schwieriger mache als geplant, sagte Sahel-Experte Ulf Laessing von der Konrad-Adenauer-Stiftung dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es steht zu befürchten, dass die neuen Machthaber ähnlich wie in Mali separate Fluggenehmigungen verlangen, die dann erst jeweils beantragt werden müssten“, sagte Laessing weiter. Alternativen zum Niger gebe es nicht. Der Landweg durch Mali oder Burkina Faso sei zu gefährlich.

Staatengemeinschaft Ecowas kündigt Maßnahmen an

Gleichzeitig könnte der Konflikt im Niger weiter eskalieren. Die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hatte den Putschisten am Sonntag ein Ultimatum gestellt. Sollte der festgesetzte Präsident Bazoum nicht binnen einer Woche wieder eingesetzt werden, werde Ecowas Maßnahmen ergreifen, die auch Gewalt umfassen könnten, hieß es. Burkina Faso und Mali warnten Ecowas vor einem Eingreifen und drohten, jede militärische Intervention gegen den Niger komme einer Kriegserklärung auch gegen ihre Länder gleich. Unklar ist jedoch, ob Ecowas die Drohung überhaupt wahr machen kann. Der als Wirtschaftsgemeinschaft gegründete Bund verfügt über keine gemeinsame militärische Eingreiftruppe.

Derweil bekräftige US-Außenminister Antony Blinken die Unterstützung seines Landes für Präsident Bazoum. In einem Telefonat mit Bazoum betonte er am Dienstag (Ortszeit), die USA lehnten Bestrebungen ab, die verfassungsmäßige Ordnung umzustürzen. Vielmehr würden eine demokratische Regierungsführung und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte unterstützt.

DPA