Kein Aufschwung in Sicht: Rezessionsgefahr in Deutschland bleibt hoch / Photo: DPA (dpa)
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Trotz vereinzelter konjunktureller Lichtblicke ist die Rezessionsgefahr für die deutsche Wirtschaft laut dem gewerkschaftsnahen IMK-Institut weiter hoch. Für August bis Ende Oktober wird die Wahrscheinlichkeit dafür auf 71,5 Prozent taxiert, wie aus dem Konjunkturbarometer des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hervorgeht. Im Juli war das Rezessionsrisiko für die folgenden drei Monate zwar mit 78,5 Prozent höher veranschlagt worden. Doch noch immer signalisiert die Konjunkturampel gemäß dem Institut „akute Rezessionsgefahr“.

„Nach wie vor bremsen verschiedene Gegenwinde die deutsche Konjunktur“, sagte IMK-Konjunkturexperte Thomas Theobald. Der private Verbrauch werde durch die weiter hohe, wenn auch inzwischen rückläufige, Inflation beeinträchtigt. Überdies litten Unternehmensinvestitionen und Wohnungsbautätigkeit unter höheren Finanzierungskosten. Besonders ausgeprägt sei die konjunkturelle Schwäche bei der Produktion energieintensiver Industriezweige.

Kein Aufschwung in Sicht

Zwar gab es jüngst auch kleine Hoffnungsschimmer, so Theobald. Der Experte verwies auf die anziehende Produktion bei Dienstleistern und die Aufträge des Verarbeitenden Gewerbes aus dem Ausland. Allerdings sei die Entwicklung der Auftragseingänge bislang durch Großaufträge geprägt, die oftmals einmalige Bestellungen widerspiegelten. Sie seien somit nur eingeschränkt aussagekräftig für die konjunkturelle Grunddynamik. Auf die Drei-Monats-Prognose des Konjunkturindikators habe diese positive Entwicklung daher zunächst kaum Einfluss.

Auch die Bundesregierung sieht noch keinen Aufschwung heraufziehen. Die noch schwachen außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dämpften Produktion und Exportentwicklung, heißt es im jüngsten Monatsbericht des Wirtschaftsministeriums. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt stagnierte im Frühjahr nach zuvor zwei Quartalen mit schrumpfender Wirtschaftsleistung in Folge. Frühindikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima signalisieren keine nachhaltige Konjunkturbelebung.

Deutsche Wirtschaft auf Schrumpfkurs

Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet in seiner jüngsten Wachstumsprognose, dass die Wirtschaft des Landes im Jahr 2023 um 0,3 Prozent schrumpfen wird. Während andere Staaten im Euroraum immerhin leicht wachsen, liegt Deutschland damit an letzter Stelle unter den untersuchten Volkswirtschaften.

Für die Wirtschaftsleistung in Deutschland zeichnet sich nach Einschätzung mehrerer Wirtschaftsforschungsinstitute im laufenden Jahr ein Rückgang ab: Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet mit einem Minus von 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und korrigiert damit seine Frühjahrsprognose (+0,5 Prozent) nach unten.

Auch andere Institute korrigierten ihre Konjunkturprognosen für Deutschland nach unten korrigiert. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) rechnet für dieses Jahr ebenfalls mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent. Von einem Wachstum von 0,2 Prozent waren die Forscher noch im März ausgegangen. "„Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in Deutschland ist derzeit schwach. Dies ist vor allem auf einen deutlichen Rückgang des Konsums der privaten Haushalte zurückzuführen“, teilte das Essener Institut mit.

Wirtschaftsweise Grimm: Bevölkerung muss sich auf harte Zeiten einstellen

Die Menschen in Deutschland müssen sich nach Ansicht der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm auf harte Zeiten einstellen. In der gegenwärtigen Stagnationsphase der deutschen Wirtschaft komme es weniger darauf an, „ob wir knapp über oder unter der Nulllinie liegen“, sagte die Ökonomin, die dem Sachverständigenrat der Bundesregierung angehört, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Fakt ist: In einer Phase mit sehr geringem oder sogar negativem Wachstum müssen sich die Menschen auf Härten einstellen. Es kommt zu realen Einbußen.“ Das sei eine große Herausforderung in einer Transformationsphase, vor allen Dingen politisch. „Wichtig ist mir, dass die Politik den Leuten reinen Wein einschenkt und deutlich macht: Der Umbau der Wirtschaft zur Klimaneutralität kostet etwas - auch den einzelnen Bürger“, sagte Grimm.

TRT Deutsch und Agenturen