Yasemin Akduman Pelosi, Derya Akkar, Adrian Knup  (Derya Akkar)
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Im Jahr 1994 haben Sie talentierte türkische Spieler im Ausland, darunter Yıldıray Baştürk und Ahmet Dursun, nach İstanbul gebracht, um sie für den türkischen Fußball zu gewinnen. Können Sie uns genauer erzählen, was zu der Zeit passiert ist?

Im Mai des erwähnten Jahres kamen wir mit einer Gruppe von 13 Spielern nach İstanbul, darunter Yıldıray Baştürk und Ahmet Dursun, die aus verschiedenen Regionen Deutschlands ausgewählt wurden. Um diese Spieler nach İstanbul bringen zu können, hatte uns ein Geschäftsmann aus München gesponsert. Dadurch konnten wir die Spieler ausstatten und ihnen Trikots anfertigen lassen. Die Mannschaft von İstanbulspor stellte uns für den Transport eigene Fahrzeuge bereit und unterstützte uns dadurch. Nachdem wir am İstanbuler Atatürk-Flughafen gelandet waren, kam es zu einem lustigen Vorfall. Die am Flughafen wartenden Journalisten verwechselten uns mit der B-Mannschaft der türkischen Juniorennationalmannschaft, die Europameister beim Turnier in Irland geworden und auf dem Rückweg waren, und übergaben deshalb Blumen an unsere mitgereisten Spieler. In İstanbul haben wir dann Vorbereitungsspiele organisiert. Der erste Gegner war die Jugendmannschaft von Galatasaray, die Spieler wie Tamer Tuna, Ceyhun Eris und İlyas Kahraman in ihren Reihen hatten. In den ersten 20 Minuten der Begegnung im Trainingszentrum Florya lagen wir bereits 0:3 zurück, doch am Ende konnten wir das Spiel mit 4:3 für uns entscheiden. Schiedsrichter der Begegnung war der damalige technische Verantwortliche der Jugendmannschaft von Galatasaray, Müfit Erkasap. Trainer Müfit wollte nicht, dass seine Mannschaft, die türkischer Meister geworden war, als Verlierer vom Platz geht, und ließ die Begegnung über die 90 Minuten hinaus weiterlaufen. In der 110. Minute erzielte schließlich Galatasaray das 4:4, und im Anschluss pfiff der Schiedsrichter die Partie ab. Ahmet Dursun und Yıldıray Baştürk erzielten in dieser Begegnung jeweils ein Tor. Das zweite Vorbereitungsspiel haben wir gegen die Jugendmannschaft von Fenerbahçe im Dereağzı-Trainingszentrum absolviert. Die Begegnung endete unter der Beobachtung des damaligen deutschen Cheftrainers von Fenerbahce, Holger Osieck, 1:1 unentschieden. Yıldıray Baştürk zeigte in diesem Spiel eine sehr gute Leistung, und Ahmet Dursun erzielte ein sehenswertes Tor. Doch weder die Mannschaft von Galatasaray noch die von Fenerbahçe zeigten damals Interesse an diesen Spielern. 1996 wechselte dann Ahmet Dursun zu Kocaelispor. Yıldıray Baştürk habe ich damals dem FC Bayern München angeboten, und sie wollten ihn auch holen, doch die Brüder des Spielers wollten, dass er zum VfL Bochum wechselt. So wechselte er im Jahr 1997 nach Bochum.

(Derya Akkar)

Sie waren es auch, der Tayfun Korkut und Erol Bulut in die Türkei lotsten. Nachdem diese Spieler in der Türkei erfolgreich wurden, wechselten auch türkischstämmige Spieler wie Mesut Özil oder Mustafa Doğan, die vormals für die deutsche Nationalmannschaft aufliefen, in die Türkei. Woran können Sie sich noch erinnern, wenn Sie an diese Transfers denken?

Auf Wunsch des damaligen türkischen Nationaltrainers, Fatih Terim, habe ich Erol Bulut während seiner Zeit bei der B-Mannschaft von Eintracht Frankfurt ins Visier genommen und ihm das Angebot unterbreitet, für die türkische Nationalmannschaft aufzulaufen, woraufhin er das Angebot annahm. Erol Bulut trug das Trikot der türkischen U21-Nationalmannschaft zum ersten Mal in Balıkesir gegen Lettland. Der damalige Trainer von Fenerbahçe, Holger Osieck, verfolgte die Begegnung von der Tribüne aus. Bulut weckte das Interesse von Osieck, doch der Trainer musste seinen Posten räumen, bevor die Saison 1994/95 endete. So konnte Bulut erst am Ende der Saison zu Fenerbahçe wechseln. Tayfun Korkut habe ich das erste Mal bei den Stuttgarter Kickers spielen sehen. Gemeinsam mit meinem Freund Mehmet Uludoğan habe ich Tayfun und Mustafa Özkan von der Reservemannschaft des 1. FC Nürnberg nach Beşiktaş geschickt. Sie haben dort mit der Mannschaft trainiert. Während Mustafa Özkan bei Beşiktaş blieb, unterschrieb Tayfun Korkut nach meiner intensiven Vorsprache beim Präsidenten, Ali Şen, bei Fenerbahçe. Özkan Koçtürk, der für die Reservemannschaft von Leverkusen spielte, habe ich mit nach Fenerbahçe genommen. Fast zeitgleich habe ich Mustafa Doğan kennengelernt. Mustafa erzählte mir, er sei von seinem Berater Bahadır Başak, der ihn nach İstanbul brachte, betrogen worden. Auch ihm habe ich geholfen, damit er bei Fenerbahçe unterschreibt. Vor all diesen Spielern hatte ich geplant, Tayfur Havutcu nach Fenerbahçe zu lotsen, doch er wurde vom damaligen Vorstandsmitglied von Beşiktaş, Erol User, förmlich entführt und anschließend in einer Nacht-und-Nebel-Aktion transferiert.

Durch das Golden Goal von İlhan Mansız , den Sie ebenfalls entdeckt hatten und für den türkischen Fußball gewinnen konnten, qualifizierte sich die Türkei für das Halbfinale der Weltmeisterschaft 2002. Am Ende der Saison 1995/96 wechselte İlhan Mansız zu Gençlerbirliği, doch nachdem der Erfolg ausblieb, kehrte er zurück nach Deutschland. Können Sie uns seinen Prozess der Rückkehr in die Türkei erzählen?

Ich sah mir die Spiele von İlhan Mansız während seiner Zeit beim FC Augsburg an. Nach den Erfahrungen in Köln und bei Gençlerbirliği hatte er angefangen, für 500 DM bei Türkgücü München zu spielen. Der verstorbene Nevzat Güzelırmak, der damals die Mannschaft von Kuşadasıspor trainierte, kam nach Deutschland. Ich habe ihm İlhan Mansız empfohlen. Er hat sich 5 Minuten das Spiel angeschaut, ehe er zu mir sagte: „Auf, lass uns gehen.“ Ich habe ihn gefragt, ob was passiert sei oder ob der Spieler ihm nicht gefallen würde. Er antwortete: „Du hast mir einen Kandidaten gezeigt, der Superstar werden kann.“ İlhan unterschrieb für eine geringe Summe bei Kuşadasıspor und vereinbarte ein Gehalt von 5.000 DM pro Tor. Mansız war einer der Spieler in der Türkei, die am härtesten trainierten. Während seiner Zeit bei Kuşadasıspor stellten wir nach jedem Training den Zeugwart ins Tor, und İlhan köpfte die Flanken ein, die ich schlug. Die Mitarbeiter des Vereins, die sich von dieser Situation gestört fühlten, beschwerten sich beim Vereinsvorstand, weil er Extraschichten nach den Trainingseinheiten einlegte. Der Co-Trainer der Mannschaft sagte mir sogar: „Wir werden İlhan feuern, er stört die Disziplin.“ Daraufhin erwiderte ich ihm: „Kuşadası ist voll mit Diskotheken, aber İlhan geht lieber trainieren, als in den Diskotheken zu verweilen. Anstatt ihn zu würdigen, redet ihr von Feuern.“ Für eine Fußballmannschaft ist die Vision wichtig. Leider spielt Kuşadasıspor heute in einer regionalen Amateurliga. Ich hatte İlhan, als er noch dort spielte, den Vereinen Beşiktaş, Fenerbahçe und Galatasaray angeboten, doch sie hatten Absagen erteilt. Wenig später zeigten Altay, Bursaspor und Göztepe Interesse an İlhan. Er wechselte jedoch zu Samsunspor, die die höchste Ablösesumme für ihn zahlten (1,3 Millionen US-Dollar). Selbst Türkgücü München hatte einen Anteil von 15 % an diesem Transfer. Im Jahr 2001 wollte ich seinen Wechsel nach Marseille in die Wege leiten, es hat aber leider nicht geklappt. Ich musste Okan Yılmaz an Marseille verkaufen, weil er Torschützenkönig geworden war. Letztlich hatten wir eine Übereinkunft für einen Wechsel nach Galatasaray erzielt, İlhan sollte 800.000 US-Dollar im Jahr verdienen. Nachdem İlhan auf dem Trainingsgelände Florya Ümit Karan, einen weiteren türkischstämmigen Spieler aus Deutschland, getroffen und von ihm erfahren hatte, dass er 1.000.000 US-Dollar im Jahr verdiente, wollte İlhan die gleiche Summe haben. Nachdem Galatasaray diesem Wunsch eine Absage erteilte, wurde der Vertrag aufgelöst, und İlhan wechselte somit doch zu Beşiktaş.

(Derya Akkar)

Ömer Erdoğan, der mit seiner aktuellen Leistung als Trainer von Hatayspor auf sich aufmerksam macht, hatten Sie damals vom St. Pauli losgeeist und davon überzeugt, in der Türkei zu spielen. Wie lief der Wechsel von Ömer Erdoğan in die Türkei ab?

Zunächst habe ich Ömer Erdoğan dem Verein Samsunspor angeboten, doch dort hat man sich nicht weiter für ihn interessiert. Daraufhin kam ein Vertrag mit Kuşadasıspor zustande, und von diesem Transfer haben wir einen bestimmten Ertrag erhalten. Zu der Zeit sollte Hikmet Karaman Trainer von Kuşadasıspor werden, wozu es jedoch nicht kam. Nach der Rückkehr nach Deutschland hat ein Manager, der mein ehemaliger Partner war, Ömer angerufen. Ich habe das bemerkt und das Telefon schnell versteckt, weil Ömer zeitgleich am Münztelefon ein Transfergespräch mit Erzurumspor führte und kurz vor einer Übereinkunft stand. Hikmet Karaman hatte Ömer überzeugt, der mir sagte, dass er „unbedingt in der türkischen Süper Lig“ spielen wollte. Adnan Polat überwies damals im Namen vom Erzurumspor die Ablösesumme, den wir für den Transfer von Ömer bekamen, wieder zurück an Kusadasispor.

Wiederum Sie waren es, der den Spieler von Bayern München, Berkant Göktan, für die Türkei gewinnen konnten. Hätte Göktan nicht dauerhaft bei den Bayern bleiben können? Wie hat sich der Transfer zu Galatasaray entwickelt?

Als Berkant Göktan 16 Jahre alt war, wollte sowohl die deutsche als auch die türkische Nationalmannschaft, dass der Spieler für sie aufläuft. Die Einladung zur türkischen Nationalmannschaft hatten die Verantwortlichen von Bayern nicht an Berkant weitergeleitet. Deshalb musste ich Berkant sozusagen „entführen“ und brachte ihn in das Gebäude der Türkischen Fußballföderation in Beylerbeyi. Berkant ist ein Spieler, der vor seinem 18. Geburtstag in der Champions Leauge gegen Manchester United und in der Bundesliga gegen Borussia Dortmund aufgelaufen ist. Nach diesen Begegnungen hätte Lothar Matthäus zu ihm gesagt: „Ich stehe eine Stunde vor Trainingsbeginn auf dem Platz. Wieso kommst du nach mir auf den Platz?“ Nachdem er daraufhin etwas verblendet mit „Ich bin halt Berkant Göktan“ antwortete, schlug Matthäus auf ihn ein, sodass er ein blaues Auge davontrug. Auch soll er damals in seinem Privatleben undiszipliniertes Verhalten an den Tag gelegt haben. Nachdem der damalige Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, Franz Beckenbauer, von diesen Auffälligkeiten erfuhr, wurde Berkant in die Amateurmannschaft suspendiert. Als dann die Bayern Berkant Göktan im Jahr 2001 verkaufen wollten, bot ich den Spieler zunächst dem Verein Beşiktaş an, doch leider konnte man sich nicht über die gewünschte Ablösesumme verständigen. Anschließend setzten wir uns mit dem Vorstandsmitglied von Fenerbahce, Murat Özaydınlı, an den Verhandlungstisch und konnten uns einig werden. Doch als der Vater von Berkant, Fahrettin Göktan, den damaligen Trainer von Fenerbahce, Mustafa Denizli, fragte, ob er auch die Garantie geben könne, dass sein Sohn Stammspieler wird, hatte Denizli genug, woraufhin er erwiderte: „Dieser Transfer ist abgeblasen. Bringen Sie Ihren Sohn zu einem Verein, wo Sie diese Garantie bekommen.“ Schließlich haben wir mit Galatasaray verhandelt und konnten uns einigen. Ich muss noch sagen, dass Sadettin Saran damals eine wichtige Rolle beim Transfer von Berkant Göktan spielte.

Außer den oben genannten Spielern haben Sie auch die Transfers von Fußballern wie Hakan Balta, Deniz Barış, Erhan Albayrak, Cem Karaca und Faryd Mondragon in die Türkei veranlasst. Können Sie uns von den schrägsten und interessantesten Transfergeschichten oder gescheiterten Wechseln erzählen, die Sie in Ihrer Karriere bisher erlebt haben?

Klar. Während meiner Zeit als Chefscout bei Ankaraspor verfolgte ich den damals bei Eintracht Frankfurt spielenden Cenk Tosun, ich mochte seine Spielweise. Er antwortete mit „Ja“, als ich ihn fragte, ob er für Ankaraspor spielen wolle. Der damalige Clubpräsident Ahmet Gökçek lehnte diesen Transfer mit der Begründung ab, er sei zu jung. Damals habe ich Fußballtrainer Sedat Karabük und viele Spieler, unter anderem, Gökhan Töre, Yunus Malli, Barış Özbek, Mehmet Ekici, Ceyhun Gülselam und Erkan Zengin gescoutet und dem Verein Ankaraspor angeboten, doch sie haben sich für keinen dieser Spieler interessiert. Den Spieler Papiss Cisse hatte ich 2008 dem gleichen Verein empfohlen, auch an ihm waren sie nicht interessiert.

Ein brasilianischer Restaurantbetreiber in München hatte den Spieler Cacau nach Deutschland gebracht. Wir haben anschließend seinen Transfer zu Türkgücü München vollzogen. Mit 20 Jahren nahm ich den jungen Cacau mit in die Türkei, um ihn der Mannschaft Gençlerbirliği anzubieten. Wenig später erzählte ihm der brasilianische Gastronom, der Cacau nach Deutschland gebracht hatte und überzeugter Katholik war, dass die Türkei ein muslimisches Land sei und er sich womöglich dort schwertun würde. Daraufhin kehrten wir gemeinsam zurück nach Deutschland. Später wurde Cacau deutscher Meister mit dem VfB Stuttgart und ist sogar für die DFB-Auswahl aufgelaufen.

In der Winterpause der Saison 2004/5 hatte ich den iranischen Spieler Ali Karimi der Mannschaft von Trabzonspor angeboten. Lemi Çelik machte sich auf den Weg, um ihn live zu beobachten, doch er kam mit einem negativen Bericht zurück. An Ende der genannten Saison wechselte Karimi dann zum FC Bayern München.

Die Vorstandsmitglieder von Trabzonspor, Kenan İskender und Salih Alpaslan, kamen einst nach Deutschland, um Transfergespräche mit dem Spieler Roland Wohlfarth von Bayern München zu führen, der Torschützenkönig geworden war. Ich hatte den Kontakt zu Wohlfarth aufgebaut und um einen Termin gebeten. Da er keinen Manager hatte, leitete er mich an Uli Hoeneß weiter. Am nächsten Tag habe ich die Vorstandsmitglieder von Trabzonspor angerufen, aber sie waren schon wieder zurück in der Türkei. Daraufhin bat ich einen Freund von mir, einen der Vorstandsmitglieder zu spielen. Gemeinsam mit ihm setzten wir uns, ich in der Funktion des Dolmetschers, mit Uli Hoeneß an den Verhandlungstisch. Hoeneß wollte 3 Millionen DM für den Transfer, und mein Kollege bot im Gegenzug 1 Million DM an, damit der Transfer auch ja nicht vollzogen wird. Doch Hoeneß nahm das Angebot an und wollte gleich ein Vorprotokoll anfertigen. Wir sagten, dass wir erst Kontakt mit dem Präsidenten von Trabzonspor aufnehmen müssten und verabschiedeten uns vorerst von Hoeneß. Wir fuhren zu diesem Treffen bei den Bayern mit unseren Fahrrädern. Hoeneß sah die Fahrräder und zeigte sich erstaunt. Doch dann erkannte Hoeneß auf die Frage eines Journalisten hin, ob der Transfer über die Bühne gelaufen sei, die Wahrheit und antwortete: „Ich befürchte, wir haben nicht mit den Vorstandsmitgliedern verhandelt. Schaut her, sie sind mit dem Fahrrad hier.“ Diesen Vorfall erzählte ich später Hoeneß, als wir uns wegen Berkant Göktan trafen. Er grinste und sagte: „Wie ihr mich damals reingelegt habt!“

Der damalige Trainer des Karlsruher SC, Joachim Löw, sagte in Bezug auf Serhat Akın, dass er eines Tages ein Star werden würde. Ich hatte versucht, Akın den Mannschaften Altay, Gençlerbirliği und Samsunspor anzubieten, aber der damalige Europa-Verantwortliche der Türkischen Fußballföderation, Erdal Keser, hatte meine Unternehmungen verhindert. Wenig später wechselte Serhat Akın dank der Bemühungen von Selim Soydan zu Fenerbahçe.

Bayer Leverkusens ehemaliger Trainer Erich Ribbeck hatte den Kontakt zu mir über den deutschen Trainer von İstanbulspor, Herbert Neumann, hergestellt und in der Saison 1995/96 angefragt, ob ein Wechsel von Abdullah Ercan möglich sei. Abdullah und ich hatten uns in einem Restaurant in Büyükçekmece verabredet, um ein Vorgespräch zu führen. Ich wohnte zu der Zeit im Çınar-Hotel in Yeşilköy, wo mich die Journalistin Yasemin Akduman Pelosi besuchte. Während des Besuchs telefonierte ich kurz mit Abdullah, um die Adresse abzugleichen. Am Folgetag berichtete Yasemin, die uns während des Gesprächs heimlich fotografiert hatte, über uns. Daraufhin bekam Abdullah Ercan eine Abmahnung von seinem Arbeitgeber Trabzonspor, und Neumann war sauer auf mich. Das war eine einschneidende Erfahrung für mich.

Der französische Manager Jea Lui kam nach İstanbul, um Transfergespräche mit Mondragon zu führen. Er wollte Köfte-Brot essen, also holten wir welches, das in Zeitungspapier gewickelt war. Darauf war zu lesen, dass der Spieler von Bursaspor, Okan Yılmaz, mit 23 Treffern in der Saison 2000/2001 Torschützenkönig noch vor dem Stürmer Jardel geworden war. Daraufhin sagte Lui zu mir, dass er gerne diesen Yılmaz nach Marseille mitnehmen würde, woraufhin ich ihm antwortete, er solle lieber İlhan Mansız mitnehmen. Doch er war der Meinung, dass er Yılmaz an den FC Marseille leichter vermarkten könne, da dieser Torschützenkönig der laufenden Saison war. So reisten wir nach Bursa, überredeten den Spieler und seine Familie und kamen gemeinsam nach İstanbul. Nach dem Visumserwerb reisten wir schließlich nach Frankreich und stiegen in einem Luxushotel in Marseille ab. Während unseres Aufenthalts im Hotel habe ich den berühmten französischen Schauspieler Alain Delon und den argentinischen Fußballspieler von AS Monaco, Marcelo Gallardo, kennengelernt. Nachdem ich Delon erzählt hatte, dass ich mich aufgrund eines Spielerwechsels zu Olympique Marseille im Hotel aufhalte, wollte er Okan Yılmaz unbedingt kennenlernen, weil er ein großer Fan der Mannschaft war. Ich erzählte ihm, dass Alain Delon und der Spieler Gallardo ihn gerne kennenlernen würden, woraufhin er erwiderte: „Wer sind die denn?“ In diesem Moment habe ich seine fehlende Allgemeinbildung erkannt. Die Mannschaft von Marseille hatte ihm die Nummer 11 reserviert. Die Zeitschrift France Football hatte im Stade Velodrome Fotos von Okan gemacht. Ihm wurde die Villa von George Weah, dem ehemaligen Spieler von Marseille, zur Verfügung gestellt. Okans erwiderte aber, dass die Villa zu groß sei und er dort nicht wohnen wolle. Marseille zahlte ihm ein Gehalt von 5 Millionen US-Dollar, und trotz Bosman-Entscheidung waren die Franzosen sogar bereit, eine Ablösesumme an Bursaspor zu zahlen. Es wurden Freundschaftsspiele mit dem Verein Bursaspor vereinbart. Auch durch die Vermittlung von Marseille sollte Bursaspor einen 10-Jahres-Vertrag vom Sportausrüster Adidas bekommen. Doch waren insgesamt 7 Manager in diesen Transfer verwickelt, sodass manche Streitigkeiten eskaliert sind. Zudem hat Okan ständig seine Meinung geändert und letztlich unter großem Aufsehen Marseille verlassen und seine Karriere bei Bursaspor fortgesetzt.

Im Jahr 2004 reisten wir gemeinsam mit Metin Diyadin im Auftrag von Gençlerbirliği nach Argentinien, um Fußballspieler zu scouten. Wir schauten uns das Spiel von Club Atletico Independiente an, um den Spieler Federico Insua zu beobachten, doch dann stach Sergio Aguero mit seinem Talent hervor. Auf Anfrage bei seinem Manager teilte man uns eine Ablösesumme in Höhe von 5 Millionen US-Dollar mit. Anschließend haben wir mit Agueros Vater gesprochen und die Telefonnummer seines Sohnes erfragt. Danach haben wir den mittlerweile verstorbenen Präsidenten von Gençlerbirliği, İlhan Cavcav, angerufen. Er sagte uns: „Gebt ihnen 200.000 US-Dollar, kauft den Spieler und kommt gemeinsam her.“ Obwohl Metin Diyadin angeboten hatte, dem Präsidenten bezüglich einer Erhöhung des Angebots zu helfen, lehnte Cavcav ab.

Gaziantepspor testete für eine Weile Ümit Karan, den Spieler vom Berlin Türkiyemspor, doch da sich Trainer Sakıp Özberk mit seiner Leistung unzufrieden zeigte, wollte er ihn nicht behalten. Zur damaligen Zeit hatte ich Gaziantepspor auch einen anderen Spieler präsentiert. Ümit Karan brach während des Trainings diesem Spieler die Zähne. Ich beobachtete Ümit, und er gefiel mir, er war ein guter Spieler. Daraufhin bot ich ihm Gençlerbirliği an, die damals nach einer Alternative für Roger Lukaku suchten, den Vater von Romelu. Ich stellte dem Präsidenten Cavcav Ümit Karan vor. Nachdem Cavcav die notwendigen Hintergrundgespräche geführt hatte, besiegelte er den Transfer von Ümit Karan zu Gençlerbirliği.

Gökhan İnler beispielsweise lief nacheinander bei Fenerbahçe, Galatasaray, Beşiktaş und Samsunspor im Probetraining auf, aber zu keinem dieser Vereine kam ein Wechsel zustande. Sein Manager suchte nach einem Verein für ihn. Wieder habe ich İlhan Cavcav kontaktiert, und wir erzielten eine Übereinkunft bezüglich des Transfers von Gökhan. Der Manager von Gençlerbirliği, Cem Onuk, kam uns dann in die Quere, weil er zu Gökhan meinte: „Wir wollen dich noch ein wenig beobachten und dann am Ende der Saison holen. So kannst du auch einen Vertrag unterschreiben, der dir mehr Geld einbringt.“ Ich habe zu Cavcav gesagt, dass Gökhan ein guter Spieler ist, und wenn er jetzt einmal abgewiesen wird, dann kommt er nicht mehr zurück. İlhan Cavcav hörte auf den Manager Onuk, und Gökhan Inler kehrte vorerst in die Schweiz zurück. Eineinhalb Jahre später wechselte İnler zu Udinese und kann nun auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken.

Vor dem Start der Saison 1992/93 habe ich Gençlerbirliği die Spieler Engin Özdemir und Ali Işık von Türkgücü München empfohlen. Daraufhin rief mich der Präsident an und sagte, dass ich nicht nach Ankara kommen brauche und er mir mein Honorar überweisen würde, wenn sich die Spieler von Qualität beweisen würden. Einige Tage später rief er mich nochmal an und sagte: „Das sind zwar mittelmäßige Spieler, aber deinetwegen nehme ich sie trotzdem“. Nach einer Weile haben mich Engin und Ali kontaktiert. Sie haben ausgezeichnete Leistungen an den Tag gelegt, wovon ich keine Ahnung hatte. Alle beide warfen mir anschließend vor, dass sie für zu wenig Ablösegeld gewechselt hätten. Doch ich muss sagen, dass İlhan Cavcav eine sehr interessante Transferpolitik hatte, wovon auch ich meinen Anteil abbekam.

Im Jahr 2001 hatte ich den kolumbianischen Torhüter Faryd Mondragon dem Verein Galatasaray zu einer Leihgebühr von 150.000 US-Dollar angeboten. Mircea Lucescu, der damalige Trainer von Galatasaray, lehnte den Wechsel ab, weil er davon überzeugt war, dass Mondragon der Mannschaft nicht nützlich sein werde, solange er für seine Nationalmannschaft auflief. Doch wir blieben hartnäckig und überzeugten Ali Dürüst, Vorstandsmitglied bei Galatasaray, von diesem Transfer und konnten schließlich den Wechsel realisieren. Mondragon hütete über mehrere Jahre hinweg das Tor von Galatasaray und erlebte viele Meisterschaften.

In der Winterpause der Saison 1996/97 hatte ich der Mannschaft von Trabzonspor versprochen, den ghanaischen Spieler Abedi Pele und die iranischen Spieler Ali Daei und Karim Bagheri zu holen. Osman Yağmurdereli, ein ehemaliges und mittlerweile verstorbenes Vorstandsmitglied von Trabzonspor, fragte mich: „Wer sind diese Spieler? Sag mir, ob du Jürgen Klinsmann zu Trabzonspor holen kannst?“ Daraufhin scherzte ich damit, dass wir lediglich ein Poster von Klinsmann nach Trabzonspor bringen könnten. Den Spieler Bagheri habe ich nach Trabzonspor mitgenommen, aber die Verantwortlichen haben sich damals für einen Transfer von Gocha Jamarauli entschieden.

Adrian Knup ist der erste ausländische Spieler, der unter Trainer Fatih Terim zu Galatasaray kam. Gleichzeitig war er der erste Spieler in der Türkei, der aus der Schweiz stammte. Ich habe Knup bei seinem Wechsel vom Karlsruher SC zu Galatasaray geholfen. Die Erwartungen an ihn waren sehr groß, doch er hatte keine sehr erfolgreiche Zeit.