Türkiye und Katar haben Israel vor einem Bodenangriff auf Gaza und dessen Folgen gewarnt. Die Außenminister beider Länder wiesen am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Doha auf die Gefahr einer möglichen Eskalation der Brutalität bis hin zu einem Massaker hin.
Der türkische Außenminister Hakan Fidan bezeichnete die israelischen Angriffe auf Wohngebiete in Gaza als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Die zunehmende Gewalt in der Region werde eine Reaktion auslösen, deren Folgen nicht absehbar seien.
Fidan rief zu einer friedlichen Lösung des Konflikts auf. „Unsere Region steht an einem Wendepunkt (...). Wir steuern entweder auf einen größeren Krieg oder einen größeren Frieden zu“, sagte der türkische Chefdiplomat.
Al Thani spricht von „Doppelmoral“
Der katarische Außenminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani würdigte den Einsatz Ankaras für die Rechte der Palästinenser. Gleichzeitig warf er der internationalen Gemeinschaft eine „Doppelmoral“ vor. Al Thani betonte, dass die Tötung von Zivilisten auf keiner Seite zu rechtfertigen sei.
Der katarische Außenminister sprach von einer „Kollektivbestrafung“ der Palästinenser in Gaza durch Israel. Dabei werde die humanitäre Hilfe politisiert und zu einem Sanktionsinstrument gemacht. Al Thani forderte vor diesem Hintergrund, Verstöße gegen das Völkerrecht zur Rechenschaft zu ziehen.
Al Thani wies zugleich die Anschuldigungen israelischer Diplomaten und Politiker gegen Katar zurück. Diese werfen Katar unter anderem vor, Widerstandsgruppen in Gaza mit Geld und Waffen zu unterstützen. Al Thani betonte, dass sich Doha weiterhin für die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Israelis einsetzen werde.
Dramatische Lage im Gazastreifen
Der Gazastreifen wird von Israel belagert. Das Land schränkt die Land- und Seeverbindungen sowie den Warenverkehr ein. Ein kleiner Flughafen ist für den Betrieb gesperrt. Der enge Küstenstreifen gilt als eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt. Rund 2,4 Millionen Palästinenser leben dort zumeist in Flüchtlingslagern unter ärmlichsten Verhältnissen.
Die im Gazastreifen regierende Hamas hatte am 7. Oktober die „Operation Al-Aqsa-Flut“ gestartet. Nach Angaben der Widerstandsorganisation reagieren die Kämpfer damit auf die israelischen Übergriffe auf die Al-Aqsa-Moschee und die zunehmende Gewalt der Siedler. Hamas-Kämpfer feuerten Hunderte Raketen ab und stießen auf dem Land-, Luft- und Seeweg auf die von Israel besetzten Gebiete vor.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte daraufhin den „Kriegszustand“. Die israelische Armee startete die Operation „Eisenschwerter“ und fliegt seitdem massive Luftangriffe auf Gaza. Zuletzt wurde die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom gestoppt. Zudem wurden mehr als eine Million Palästinenser im Norden des Küstenstreifens zur Flucht in den Süden gedrängt. Die israelische Regierung plant nun einen Großangriff mit Bodentruppen.
Bei den israelischen Angriffen auf Gaza sind seit dem 7. Oktober nach örtlichen Angaben bisher mindestens 6546 Palästinenser getötet worden, mehr als die Hälfte davon Frauen und Kinder. Demnach wurden 17.439 weitere Menschen verletzt. In Israel verloren rund 1400 Menschen ihr Leben, wie israelische Sicherheitskreise berichten. 5132 weitere seien verletzt worden.