Avigdor Lieberman bei einer Rede anlässlich der israelischen Wahlen.  (AFP)
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Auch nach der dritten Parlamentswahl in Israel binnen eines Jahres ist weiter ungewiss, ob eine Regierung gebildet werden kann.

Weil sowohl das rechts-religiöse Lager als auch das Mitte-Links-Lager eine Mehrheit verfehlt haben, wird Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman mit den sieben Stimmen seiner Partei zum Königsmacher. Der Chef der ultrarechten Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) nannte am Sonntag auf seiner Facebook-Seite fünf Punkte als Bedingungen für einen Eintritt in eine Regierungskoalition. Ex-Militärchef Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß akzeptierte die Bedingungen in einem Tweet.
Dabei geht es beispielsweise um Rentensicherung, aber auch besonders strittige Themen wie Handel und Verkehr am jüdischen Ruhetag Sabbat, Wehrpflicht auch für ultra-orthodoxe Männer, Zivilehe und Erleichterung des Übertritts zum Judentum. Für die strengreligiösen Bündnispartner des rechtskonservativen Regierungschefs Benjamin Netanjahu, Likud, dürften diese Forderungen inakzeptabel sein. Nach jüdischem Glaubensgesetz darf am Samstag nicht gearbeitet werden.
In Israel müssen Frauen rund zwei und Männer fast drei Jahre lang im Militär dienen. Die strengreligiösen Parteien sträuben sich gegen Bemühungen, auch mehr ultra-orthodoxe Juden zu rekrutieren, von denen viele den Dienst verweigern. Am Streit um ein entsprechendes Gesetz war Ende 2018 Netanjahus rechts-religiöse Koalition zerbrochen.
Benny Gantz möchte Koalition formen
Aus der Parlamentswahl am Montag war Netanjahus Likud-Partei mit 36 Sitzen als stärkste Kraft hervorgegangen. Nach Auszählung fast aller Stimmen lag der rechts-religiöse Block um den Regierungschef nach Medienberichten aber nur bei 58 von 120 Sitzen im Parlament. Das Mitte-Links-Lager kam auf 55 Sitze. Beide verfehlten daher die Mehrheit von mindestens 61 Mandaten in der Knesset. Liebermans Partei kam auf sieben Sitze und ist damit Zünglein an der Waage.
Das amtliche Ergebnis soll am Dienstag veröffentlicht werden. Danach hat Staatspräsident Reuven Rivlin eine Woche Zeit, einen Kandidaten mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Gantz sagte am Samstagabend, er wolle eine Koalition schmieden. Netanjahu warf ihm vor, er versuche, „die Wahl zu stehlen“.
Sollte Gantz von Lieberman und den arabischen Parteien empfohlen werden, könnte er mit der Regierungsbildung beauftragt werden, obwohl seine Partei bei der Wahl mit 33 Sitzen nur auf Platz zwei landete.
Eine Koalition Liebermans mit den arabischen Parteien gilt jedoch als äußerst unwahrscheinlich. Eine weitere Option wäre eine Minderheitsregierung auf Zeit. Eine große Koalition mit Netanjahus Likud lehnt Gantz wegen einer Korruptionsanklage gegen den 70-Jährigen ab. Der Prozess soll am 17. März beginnen.

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dpa