Drei Tage nach der angeordneten Schließung des Konsulats in Houston haben chinesische Diplomaten die Vertretung in der texanischen Metropole geräumt. „Wir können bestätigen, dass das Generalkonsulat der Volksrepublik China in Houston geschlossen ist“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums zur Deutschen Presse-Agentur.
US-Medien berichteten, nach dem Abzug der Diplomaten seien US-Behördenvertreter in das Gebäude eingedrungen. Die US-Regierung hatte die Schließung des Konsulats am Dienstag angeordnet. Als Vergeltung verfügte die kommunistische Führung in Peking, dass das US-Konsulat in Chengdu im Südwesten des Landes geschlossen werden muss.
Mehrere schwarze Geländewagen, Lieferwagen und Laster seien inzwischen auf das Grundstück des Konsulats gefahren, schrieb der Sender CNN am späten Freitagabend (Ortszeit). Unter den Fahrzeugen sei auch der Transporter eines Schlüsseldienstes gewesen. Vor dem Konsulat verfolgten Beobachter und Fernsehkameras das Geschehen, hieß es weiter.
US-Außenminister Mike Pompeo hatte das chinesische Konsulat in Houston ein „Drehkreuz der Spionage und des Diebstahls geistigen Eigentums“ genannt. Es müsse geschlossen werden, um das amerikanische Volk zu schützen. Ein Beamter des US-Außenministeriums sagte am Freitag, die Schließung sei Teil von „bewussten Bemühungen“, die Beziehung zu China auf eine „solide Grundlage“ zu stellen. Durch die Schließung der Konsulate müssen Dutzende Diplomaten beider Seiten zurück in ihre Heimat.
US-Konsulat Lizenz entzogen
China hatte die USA erfolglos aufgefordert, die Schließung des Konsulats in Houston rückgängig zu machen, damit die bilateralen Beziehungen zur Normalität zurückkehren könnten. Das Außenministerium in Peking teilte mit, dass dem US-Konsulat in Chengdu die Lizenz zum Betrieb entzogen worden sei. Das sei eine „legitime und notwendige Reaktion auf die unvernünftigen Handlungen der USA“. Schuld habe allein die Regierung von US-Präsident Donald Trump. „Die Verantwortung liegt vollständig bei den Vereinigten Staaten.“
Die angeordneten Schließungen verschärfen die Spannungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften. Die Großmächte liegen schon wegen Chinas Umgang mit dem Ausbruch des Coronavirus, der Handelspolitik und dem harten chinesischen Vorgehen in Hongkong und in Xinjiang im Streit liegen. Das Verhältnis ist aus chinesischer Sicht so schlecht wie seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979 nicht mehr.
Pompeo hatte betont, nach der Wiener Konvention hätten Diplomaten die Gesetze und Vorschriften des jeweiligen Gastlandes zu respektieren. Auch hätten sie die Pflicht, „sich nicht in innere Angelegenheiten des Staates einzumischen“. China wies die Anschuldigungen erneut zurück.
Peking unterstellte nun dem Konsulatspersonal in Chengdu, spioniert zu haben. „Einige Mitarbeiter des US-Generalkonsulats haben Aktivitäten durchgeführt, die nicht mit ihrer Identität übereinstimmen, sich in Chinas innere Angelegenheiten eingemischt und Chinas Sicherheitsinteressen geschadet“, erklärte Außenamtssprecher Wang Wenbin. Hu Xijin, Chefredakteur der einflussreichen Parteizeitung „Global Times“ schrieb auf Twitter, dass die USA seines Wissens 72 Stunden Zeit haben, um das Konsulat zu schließen. Das wäre Montagmorgen.
Ein Beamter des US-Justizministeriums sagte am Freitag, die Wahl sei nicht zufällig auf Houston gefallen. „Bösartige Aktivitäten“ und geheimdienstliche Aktivitäten hätten dort zugenommen. „An einem gewissen Punkt sagt man: genug ist genug“. Ein Geheimdienstbeamter fügte hinzu: „Es ist einfach zu groß geworden, als dass man es ignorieren könnte.“
Kritik an „Konzentrationslagern“
Pompeo hatte am Donnerstag in einer Grundsatzrede zu den amerikanisch-chinesischen Beziehungen die Tonlage gegenüber Peking verschärft. Er warf China vor, Angehörige muslimischer Minderheiten in „Konzentrationslagern“ in der Region Xinjiang zu internieren. Der Minister hatte bislang meist den Begriff „Internierungslager“ verwendet, um die Lager zu beschreiben, in denen nach amerikanischen Schätzungen eine Million Menschen inhaftiert sind.
Pompeo rief die US-Verbündeten auf, gemeinsam gegen China vorzugehen. „Vielleicht ist es an der Zeit für eine neue Gruppierung gleichgesinnter Nationen“, sagte Pompeo. „Wir können diese Herausforderung nicht alleine bewältigen.“ Er nannte die Vereinten Nationen, die Nato, die G7- und G20-Staaten und ihre „gemeinsame wirtschaftliche, diplomatische und militärische Macht“. Trumps Regierung hat allerdings in der Vergangenheit nicht dazu beigetragen, die internationalen Zusammenschlüsse zu stärken.
25 Juli 2020
dpa
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