11.10.2020, Aserbaidschan, Gandscha: Rettungskräfte tragen nach dem Beschuss einer Wohnsiedlung seitens armenischer Truppen eine verletzte Person zu einem Krankenwagen. (dpa)
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In der besetzten Region Berg-Karabach haben sich die verfeindeten Nachbarn Armenien und Aserbaidschan nach den schwersten Gefechten seit Jahrzehnten auf eine Waffenruhe geeinigt. Allerdings war die Feuerpause, die seit Samstagmittag offiziell in Kraft ist, sehr brüchig.
Aserbaidschan berichtete am Sonntag von Raketenangriffen der armenischen Seite auf eine Wohnsiedlung in Gandscha, der zweitgrößten Stadt des Landes. Dabei sollen mindestens sieben Menschen getötet und mehr als 30 weitere verletzt worden sein.

11.10.2020, Aserbaidschan, Gandscha: Rettungskräfte arbeiten nach dem Beschuss einer Wohnsiedlung seitens armenischer Truppen zwischen den Trümmern eines Hauses. (DPA)

Die Feuerpause kam in der Nacht zum Samstag nach mehr als zehnstündigen Verhandlungen in Moskau unter Vermittlung des russischen Außenministers Sergej Lawrow zustande. Beteiligt waren die Außenminister aus Aserbaidschan und Armenien, Jeyhun Bayramov und Sohrab Mnazakanjan. Mit der Vereinbarung sollte auch gewährleistet werden, dass Gefangene ausgetauscht und tote Soldaten in die Heimat überstellt werden können. Der Plan wurde jedoch nicht umgesetzt. Die aserbaidschanische Armee vereitelte armenische Angriffe, die unter Verletzung des beschlossenen Waffenstillstands durchgeführt wurden. Sie zielten darauf ab, die früheren militärischen Positionen zurückzuerobern, informierte das aserbaidschanische Verteidigungsministerium am Montag in einer Erklärung. Kleine Gruppen armenischer Streitkräfte führten Angriffe in Richtung Ağdere, Ağdam, Füzuli und Cebrail durch, hieß es in der Stellungnahme weiter. Seit Beginn der neuen Gefechte in Berg-Karabach Ende September wurden mehrere Hundert Menschen getötet. Aserbaidschan macht bislang keine Angaben zu Verlusten in den eigenen Truppen, spricht aber von über 40 getöteten Zivilisten. Zudem sind Tausende auf der Flucht. Das Auswärtige Amt in Berlin appellierte an beide Seiten, den Waffenstillstand einzuhalten und weitere Opfer „unbedingt zu vermeiden“.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew sagte am Montag, dass die sogenannte Minsk-Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die zur Vermittlung in dem Konflikt gebildet wurde und von Frankreich, Russland und den Vereinigten Staaten angeführt wird, voreingenommen sei. Er forderte, die Türkei müsse künftig in den Lösungsprozess einbezogen werden.

„Die Türkei ist auch ein Mitglied der Minsker Gruppe. Warum sollte sie nicht zu den Co-Vorsitzenden gehören?“, sagte er.
Karabach-Karte (TRT Deutsch)

Die von Armenien kontrollierte Region Berg-Karabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion besetzte Armenien das Gebiet und verlagerte Truppen dorthin. Seit 1994 gilt eine brüchige Waffenruhe. Armenien setzt auf Russland als Schutzmacht. Moskau hat dort tausende Soldaten und Waffen stationiert. Aserbaidschan hingegen betrachtet die Türkei als engen Verbündeten.

TRT Deutsch und Agenturen