16.06.2021, Armenien, Eriwan: Die Armenier wählen am Sonntag, dem 20. Juni 2021, ein neues Parlament, nachdem innenpolitische Unruhen infolge der Befreiung weiter Teile des besetzten Bergkarabach zum Rücktritt der Regierung geführt hatten. (dpa)
Folgen

Vor der vorgezogenen Parlamentswahl in Armenien an diesem Sonntag hat Präsident Armen Sarkissjan angesichts der politischen Spannungen zu einem friedlichen Urnengang aufgerufen. Nach dem Wahlkampf mit Bedrohungen und Beleidigungen sei es nicht hinnehmbar, dass „die politischen und moralischen Grenzen überschritten werden, dass die Lage eskaliert und Hass und Feindschaft geschürt werden“, sagte Sarkissjan am Samstag in Eriwan. Zur Wahl treten mehr als 20 Parteien und Blöcke an - so viele wie nie zuvor in der Südkaukasusrepublik. 2,6 Millionen Bürger dürfen ihre Stimmen abgeben. Der 2018 im Zuge der Samtenen Revolution an die Macht gekommene Regierungschef Nikol Paschinjan muss nach dem Krieg mit Aserbaidschan um die Region Bergkarabach um sein Amt fürchten. Aserbaidschan hatte im Herbst weite Teile der seit Jahrzehnten von armenischen Truppen besetzten Region befreien können. Viele Armenier machen Paschinjan für die Niederlage und die Gebietsverluste verantwortlich. Er hatte die Abstimmung unter dem Druck der Opposition angesetzt. Die Wahl gilt nach dem 44-tägigen Krieg mit mehr als 6500 Toten als richtungsweisend. Paschinjans aussichtsreichster Gegner ist der frühere Präsident Robert Kotscharjan. Die ersten Wahlergebnisse werden am späten Sonntagabend erwartet. Der Ausgang der Abstimmung gilt als offen. Letzte Umfragen sahen Kotscharjans „Block Armenien“ leicht vor Paschinjans Partei „Bürgervertrag“. Bei der Abstimmung wird indirekt auch über die Zukunft des am 9. November unter Vermittlung Russlands zustande gekommenen Waffenstillstandsabkommens mit Aserbaidschan entschieden. Der 46 Jahre alte Paschinjan gilt aus Moskauer Sicht als Garant dafür, dass die Vereinbarung bestehen bleibt. Dazu gehört auch die Stationierung von rund 2000 russischen Friedenssoldaten in Bergkarabach.

dpa