Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban bei einer Pressekonferenz in Ankara. (Others)
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Die Türkei für die derzeitige Flüchtlingskrise an den Ostgrenzen der EU verantwortlich zu machen, ist laut dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan „wirklich undankbar“. „Es ist Griechenland, das die Flüchtlinge zum Tode verurteilt, indem es ihre Boote aufspießt“, erinnerte das türkische Staatsoberhaupt am Donnerstag während einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Die Türkei habe „alle Dokumente“, um das zu beweisen.

Im Kontext mit der Situation an den Grenzen zu Belarus haben zuletzt mehrere auflagenstarke Medien in westlichen EU-Ländern der Türkei vorgeworfen, die Krise zu verschärfen, indem sie zu viele Direktflüge nach Weißrussland zulasse. Tatsächlich war jedoch auch in den vergangenen Monaten kein erhöhtes Flugaufkommen in diese Richtung aus der Türkei zu verzeichnen. Am Freitag untersagte die Regierung in Ankara Direktflüge nach Belarus für alle Staatsangehörigen Syriens, des Irak und des Jemen.

Orban: „EU sollte Türkei so weit wie möglich unterstützen“

„Ich habe keine Ahnung, wie Griechenland damit umgehen würde, wenn die Türkei die Türen für Migranten öffnen würde, die versuchen, Europa zu erreichen“, hinterfragte Präsident Erdoğan. Orban betonte in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer defensiven Umzäunung Europas. Er wies darauf hin, dass der Kontinent unter Migrationsdruck aus dem Mittelmeerraum, dem westlichen Balkan und Weißrussland stehe.

Orban sagte, Europa brauche Verbündete, und wenn ein solcher Schutzwall nicht errichtet werde, befinde sich der Kontinent in einer „schwierigen Situation“. „Wir sollten unseren türkischen Freunden bei der Migration helfen. Die EU sollte die Türkei so weit wie möglich unterstützen“, forderte der ungarische Ministerpräsident.

Bilaterales Handelsvolumen soll steigen

Beide Regierungschefs erörterten während ihres Treffens unter anderem die bilateralen politischen Beziehungen, internationale und regionale Themen sowie Entwicklungen im Bereich der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen.

Präsident Erdoğan wies darauf hin, dass sich das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern derzeit auf drei bis vier Milliarden Dollar belaufe. Beide Seiten seien bestrebt, diesen Wert bereits zeitnah auf sechs Milliarden Dollar zu erhöhen.

Spannungen wegen der Flüchtlingskrise

Am Dienstag erklärte der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis, Griechenland habe Boote abgefangen, die aus der Türkei gekommen wären. Zudem wies er Kritik an Pushbacks durch griechische Behörden zurück. „Anstatt Griechenland die Schuld zu geben, sollte man sie lieber denjenigen zuschieben, die die Migration systematisch instrumentalisieren“, sagte Mitsotakis.

Die Nachbarländer sind durch ein Migrationsabkommen zwischen der Türkei und der Europäischen Union aus dem Jahr 2016 miteinander verbunden. Dieses regelt den Umgang mit irregulärer Migration von der Türkei in die Europäische Union. Die Türkei kritisiert allerdings, dass die EU ihren Teil der Vereinbarung nicht vollständig eingehalten habe. Deshalb müsse die Vereinbarung überarbeitet werden.


TRT Deutsch