Ukraine-Flüchtlinge: FDP fordert Reform des europäischen Asylsystems (AFP)
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Angesichts des Kriegs in der Ukraine wächst die Zahl der Menschen, die vor den Kämpfen aus ihrer Heimat fliehen. Seit dem russischen Angriff überquerten nach Angaben aus Warschau vom Samstag rund 100.000 Menschen die Grenze zu Polen. Die FDP drängt auf eine Reform des EU-Asylsystems und erwartet eine „erhebliche Sekundärmigration“ auch nach Deutschland, die Grünen fordern eine Lockerung der Einreisebestimmungen für Ukraine-Flüchtlinge.

FDP für „europäisch abgestimmte Regelung für Fluchtbewegungen“

Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, mahnte eine „europäisch abgestimmte Regelung für Fluchtbewegungen“ an, wie er dem „Handelsblatt“ sagte. Es sei wichtig, dass Europa jetzt solidarisch zusammenstehe und kein europäisches Land allein gelassen werde. Nötig sei eine umfassende Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS). „In einem ersten Schritt braucht es dazu eine Koalition der aufnahmebereiten Mitgliedstaaten, um eine faire Lastenverteilung in Europa sicherzustellen“, forderte Thomae. Polen werde als europäisches Ersteinreiseland „höchstwahrscheinlich“ von einer großen Anzahl an Flüchtlingen betroffen sein, sagte der FDP-Politiker. In der Folge sei aber auch mit einer „erheblichen Sekundärmigration nach Deutschland“ zu rechnen. „Auch Fluchtbewegungen über die Slowakei und Tschechien nach Deutschland wären denkbar“, sagte Thomae. Deutschland habe die „humanitäre Pflicht, die Anrainerstaaten der Ukraine im Falle von Flüchtlingsbewegungen zu unterstützen“, sagte er zudem.

„Koordiniertes europäisches Vorgehen“

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sprach sich am Samstag dafür aus, die Einreisebestimmungen für Flüchtlinge zu lockern. „Die Grenzen zu den Nachbarstaaten der Ukraine müssen für Menschen, die vor der russischen Aggression fliehen, offenbleiben“, sagte er dem „Handelsblatt“. Darüber hinaus solle der visafreie Zugang in die EU auch für ukrainische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ohne biometrischen Pass gelten sowie für Asylsuchende, die sich in der Ukraine aufhalten. Auch von Notz mahnte ein „koordiniertes europäisches Vorgehen“ an, um humanitäre Hilfe und die Verteilung von Flüchtenden innerhalb der EU schnell und unbürokratisch zu organisieren. So müssten etwa Nahrungsmittel, Infrastruktur, Personal und medizinische Versorgung zügig in den Anrainerstaaten bereitgestellt werden. Bereits am Freitag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für eine unbürokratische Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge in Deutschland und der EU geworben. Die CSU-Politikerin Andrea Lindholz forderte die Bundesregierung auf, Deutschland auf alle Szenarien vorzubereiten. „Dazu gehört natürlich auch die Möglichkeit großer Flüchtlingsströme aus der Ukraine in die EU“, sagte die Vizechefin der Unions-Bundestagsfraktion dem „Handelsblatt“. Über das Technische Hilfswerk (THW) und Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) könne die Bundesrepublik den EU-Partnern im Osten schnell zivile Unterstützung bei der Notfallversorgung anbieten.

Welle der Hilfsbereitschaft

Der katholische Sozialverband Caritas berichtete am Samstag, dass in Deutschland „die Welle der Hilfsbereitschaft für die Menschen in der Ukraine riesig“ sei. Angesichts dessen sei es schnell möglich gewesen, die Nothilfemittel für Caritas-Zentren in der Ukraine um 500.000 Euro aufzustocken. „Die Caritas-Verbände in Deutschland bereiten sich auf die Aufnahme der Geflüchteten vor, die mehr und mehr Richtung Westen unterwegs sind“, erklärte Verbandspräsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa zudem. „Überwältigend viele Menschen in Deutschland melden sich bei der Caritas, das ist großartig“, erklärte sie. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) forderte die Bundes- und Landesregierungen auf, schnellstmöglich den Weg für unbürokratische Hilfen freizumachen und Gelder zur Bewältigung der humanitären Folgen bereitzustellen. Es gehe um angemessene Unterkünfte, Verpflegung, medizinische Versorgung, psychosoziale Beratung und Informationen für Betroffene. „Wir als Gesellschaft müssen uns jetzt dafür bereit machen, hilfsbedürftige Menschen, die aus den Kriegsregionen fliehen, aufzunehmen“, erklärte die AWO-Präsidiumsvorsitzende Kathrin Sonnenholzner.

AFP