Der deutsche Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier während einer Rede. (dpa)
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Verurteilung des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny scharf kritisiert. „Es ist geradezu zynisch, den einzusperren, der gerade erst von einer lebensbedrohlichen Vergiftung genesen ist, die ihm in seinem Heimatland zugefügt worden ist“, sagte Steinmeier der „Rheinischen Post“ (Samstag). Russland verstoße gegen Verpflichtungen, die das Land im nationalen wie internationalen Recht zum Schutz der Menschenrechte eingegangen sei. „Die Verhaftung und Verurteilung von Alexej Nawalny hat mit Rechtsstaat nichts zu tun“, sagte der Bundespräsident. „Nawalny muss sofort und ohne Vorbedingungen freigelassen werden.“

Nawalny war am Dienstag zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er aus Sicht der Richterin mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren von 2014 verstoßen haben soll. Ihm werden aber ein mehrmonatiger Hausarrest und Haftzeiten angerechnet, so dass seine Anwälte von zwei Jahren und acht Monaten im Straflager ausgehen. Auf den prominentesten Oppositionellen Russlands war im August in Russland ein Giftanschlag verübt worden, von dem er sich anschließend in Deutschland erholt hat. Im Januar wurde er bei der Rückkehr nach Russland festgenommen.

Im Zuge der Kritik an Nawalnys Verurteilung wird immer wieder auch ein Baustopp der fast fertigen Gaspipeline Nord Stream 2 gefordert. Steinmeier sagte dazu: „Nach der nachhaltigen Verschlechterung der Beziehungen in den vergangenen Jahren sind die Energiebeziehungen fast die letzte Brücke zwischen Russland und Europa. Beide Seiten müssen sich Gedanken machen, ob man diese Brücke vollständig und ersatzlos abbricht. Ich finde: Brücken abzubrechen ist kein Zeichen von Stärke. Wie sollen wir auf einen Zustand, den wir als nicht hinnehmbar empfinden, noch Einfluss nehmen, wenn wir letzte Verbindungen kappen?“

dpa