Symbolbild: Rechtsextremistischer Aufmarsch in Brandenburg (Others)
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Der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e.V.) hält die Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) im Jahr 2021 für unvollständig. Das Bundesinnenministerium hatte diese am Dienstag vorgestellt. Wie Robert Kusche vom Vorstand des Verbandes gegenüber „Belltower News“ erklärte, tauchten zahlreiche Fälle politisch motivierter Kriminalität in der Statistik gar nicht auf. Vor allem treffe dies auf rechtsextremistisch motivierte Straftaten zu.

Rubrik „Delegitimierung“ deckt Großteil der „Querdenker“-Straftaten ab

Es hänge „von der Sensibilität und fachlichen Kenntnis der Polizeibeamten ab“, ob das Hassmotiv hinter einer Tat als solches erkannt werde, so Kusche. In vielen Fällen würden Ermittlungsbehörden Betroffene nicht ernst nehmen, dies schrecke viele von einer Anzeige ab.

Obwohl die PMK einen Anstieg politisch motivierter Straftaten und auswies und Bundesinnenministerin Nancy Faeser den Rechtsextremismus als „größte extremistische Bedrohung“ bezeichnete, sehe der VBRG „mit Besorgnis, dass die Untererfassung rechter Gewalt zunimmt“.

Einen weiteren Grund dafür sieht Kusche in dem Umstand, dass Gewalttaten aus dem sogenannten Querdenker-Umfeld nicht als rechtsextremistisch motiviert erfasst würden, sondern in der eigenen Kategorie „PMK nicht zuzuordnen/verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“.

Zwei Drittel der einschlägigen Straftaten rassistisch motiviert

BKA-Präsident Holger Münch kündigte an, dass im Einklang mit dem jüngst präsentierten Aktionsplan gegen Rechtsextremismus künftig rechtsextremistische Gefährder und „relevante Personen“ standardisiert bewertet würden. Das BKA habe dazu das Analyse-Instrument „RADAR-rechts“ entwickelt. Damit würden Biografien und Verhaltensweisen gewaltorientierter Rechtsextremisten ähnlich betrachtet wie bei Anhängern von Daesh oder Al-Kaida.

Trotz coronabedingter Ausgangsbeschränkungen wurden im Vorjahr insgesamt 1391 rechtsextremistisch, rassistisch oder antisemitisch motivierte Vorfälle mit 1830 Betroffenen bei den Beratungsstellen registriert. Rund zwei Drittel davon waren rassistisch motiviert und richteten sich gegen Schutzsuchende oder Schwarze Deutsche.

Tankstellen-Mord nicht als rechtsextremistisch eingeordnet

Die Polizei zählte im vergangenen Jahr 3889 politisch motivierte Gewaltdelikte, 15 Prozent mehr als 2020. Über 1400 Menschen wurden dabei verletzt, fünf starben. Ministerin Faeser zufolge wurden 41 Prozent aller Opfer politisch motivierter Gewalttaten im Vorjahr von Rechtsextremisten attackiert. Eine der als rechtsextremistisch motiviert eingestuften Straftaten, die am meisten Aufsehen erregten, war jene im Dezember 2021 in Königs Wusterhausen (Brandenburg), als ein radikaler Impfgegner, der an eine jüdische Weltverschwörung glaubte, seine Frau, die drei Kinder und sich selbst erschoss.

Als „nicht zuzuordnender“ Fall politisch motivierter Kriminalität wurde hingegen der Mord an einem 20-jährigen Tankstellenmitarbeiter eingeordnet, der in Idar-Oberstein durch einen Mann erschossen wurde, den er zuvor auf die geltende Maskenpflicht hingewiesen hatte.

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TRT Deutsch