Parteienforscher zum Wahlkampf: Zu wenig Diskussion über Inhalte – Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer (dpa)
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Der Parteienforscher und Politologe Oskar Niedermayer hat sich enttäuscht über den bisherigen Verlauf des Bundestagswahlkampfs geäußert. „Insgesamt aber hat es sich für meinen Geschmack viel zu sehr um die Personen und ihre kleineren oder größere Fehler gedreht als um die gravierenden Inhalte und Herausforderungen für Deutschland“, sagte Niedermayer der „Passauer Neuen Presse“. Eine „dramatische Wechselstimmung“ sieht der Wissenschaftler bisher nicht, das könne sich aber noch ändern. Eher kritisch äußerte sich Niedermayer zum Auftreten von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet in der Flutkatastrophe. „Laschet hat sich dabei, ganz abgesehen von seinem viel kritisierten Lacher, erneut als einer gezeigt, der zaudert, der keine klare Kante zeigt, der schwammig reagiert“, sagte er der Zeitung. „Das große Problem für ihn ist dabei, dass seine von Merkel übernommene Strategie, nicht anzuecken, möglichst vage bei Inhalten zu bleiben, nicht mehr verfängt“, auch weil ihm bisher ein Grundvertrauen der Bevölkerung fehle. Im Fall der Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin Annalena Baerbock äußerte Niedermayer die Erwartung, dass deren anfängliche Patzer bis zum Wahltag weitgehend vergessen sein könnten. „Ich denke schon, dass diese Chance da ist, aber nur, sofern Baerbock keine neuen Fehler mehr macht“, sagte der Politologe. Wenn die Grünen sich in ihrer Kampagne nun stark auf Inhalte konzentrierten, etwa hin zum Klimathema, dann könne die Partei den zu Beginn des Wahlkampfs negativen Trend wieder umkehren. Dem SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz attestierte Niedermayer, er habe „mit seiner Kampagne bisher keine gravierenden Fehler gemacht.“ Allerdings schlügen sich seine relativ guten Umfragewerte „eben nicht für die SPD positiv nieder“. Der Wissenschaftler führte dies darauf zurück, dass „die Menschen merken, dass Scholz nicht die gesamte Partei repräsentiert“. Viele wüssten daher nicht, was sie am Ende bekommen, wenn sie die SPD wählen – auch, was mögliche Koalitionen angehe.

AFP