Archivbild. 01.07.2021, Berlin: Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin Bündnis90/Die Grünen (dpa)
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Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, hat ihr Buch erneut verteidigt und die Union scharf für deren inhaltliche und personelle Aufstellung im Bundestagswahlkampf angegriffen. Gleichzeitig wurden am Wochenende weitere Passagen aus Baerbocks Buch bekannt, die in ähnlicher Formulierung in einer anderen Veröffentlichung bereits aufgetaucht sind. Laut einer Umfrage hält es die Mehrheit der Wahlbürger für einen Fehler, dass die Grünen mit ihr und nicht mit ihrem Co-Parteivorsitzenden Robert Habeck als Kanzlerkandidaten in die Bundestagswahl ziehen.
In einem Interview der Zeitungen der Funke Mediengruppe und der französischen Zeitung „Ouest-France“ sagte die Grünen-Chefin, sie habe „sehr bewusst auf Fakten aus öffentlichen Quellen zurückgegriffen“. „Das ist kein Fachbuch, daher gibt es keine Fußnoten.“ Zuvor hatte Baerbock gesagt, es handle sich nicht um ein „Sachbuch“.
Auf die Frage, ob sie das Buch selbst geschrieben habe, antwortete sie: „Ja, aber wie es so schön heißt: Niemand schreibt ein Buch allein. Es sind nicht nur viele Ideen eingeflossen, ich habe dankenswerterweise auch Unterstützung bekommen.“ Grundlage seien Niederschriften langer Interviews mit ihr gewesen. Sie hatte zuvor erläutert, dass der Autor Michael Ebmeyer Gespräche mit ihr transkribiert und sie auf dieser Basis ihr Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ verfasst habe.
Der österreichische Medienwissenschaftler Stefan Weber konnte bislang an mehreren Stellen Ähnlichkeiten zwischen Formulierungen in Baerbocks Buch und anderen Veröffentlichungen nachweisen. Die „Bild“-Zeitung veröffentlichte am Samstag weitere Passagen aus dem Buch, die Aussagen von Grünen-Urgestein Joschka Fischer ähneln, die dieser in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ im vergangenen Dezember gemacht hatte. Darin geht es um Russland, die Gasleitung Nord Stream und um die Rolle Deutschlands in Europa und der Welt. Kritik an CDU-Wahlprogramm
Baerbock hatte nach Angaben eines Sprechers am Freitag ihren Sommerurlaub angetreten. In dem Interview, das sie zuvor noch gab, greift die Grünen-Vorsitzende die Union scharf an: Diese habe in ihrem Wahlprogramm „eine Politik für Privilegierte“ angekündigt. „Mit dem Vorschlag von Armin Laschet und Friedrich Merz macht die CDU eine Rolle rückwärts zur Politik der 90er Jahre und fällt hinter 16 Jahre Angela Merkel zurück. Das spaltet unsere Gesellschaft.“ Ihre Partei wolle hingegen für „klimagerechten Wohlstand“ sorgen, sagte Baerbock. Die Wahl sei eine Richtungswahl für das nächste Jahrzehnt.
Zu den Umfragen, die die Grünen derzeit bei um die 20 Prozent hinter der Union sehen, sagte Baerbock, ihre Partei stehe „weiterhin an starker zweiter Stelle“. Es sei im Wahlkampf normal, dass Parteien im Wettstreit stünden und auch Medien kritisch berichteten. Sie finde es wichtig, dass demokratische Parteien in Respekt und Anstand miteinander diskutierten - vor allem über die großen Zukunftsfragen.
Der Frage, ob sie selbst angesichts der Scherereien daran gedacht habe, die Kanzlerkandidatur ihrem Co-Parteichef Robert Habeck zu überlassen, beantwortete Baerbock nicht. Sie verwies stattdessen darauf, dass die Grünen erwartet hätten, „dass es ein wirklich heftiger Wahlkampf werden wird“. Mehrheit sieht Kanzlerkandidatur Baerbocks als Fehler
61 Prozent der Wahlbürger halten es für einen Fehler, dass die Grünen mit Baerbock und nicht mit Habeck in die Bundestagswahl ziehen, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der „Augsburger Allgemeinen“ ergab. 24 Prozent halten Baerbocks Kandidatur für richtig. Der Rest zeigte sich unentschieden in der Frage.
Nach Baerbocks Nominierung zur Kanzlerkandidatin Mitte April hatten die Grünen zunächst einen Höhenflug erlebt und mit Umfragewerten von bis zu 28 Prozent zeitweise sogar die CDU/CSU überholt. Mit der Debatte um ungenaue Angaben in Baerbocks Lebenslauf und verspätet an den Bundestag gemeldete Sonderzahlungen fingen die Werte an zu sinken. Zuletzt waren Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit ihrem Buch aufgekommen.

dpa