Grüne stimmen für Koalitionsvertrag – Weg für Ampelregierung ist frei (dpa)
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Nach SPD und FDP haben nun auch die Grünen dem Koalitionsvertrag für eine gemeinsame Bundesregierung zugestimmt. Mit rund 86 Prozent der 71.150 gültigen Stimmen sprachen sich die Grünen-Mitglieder für das gemeinsame Regierungsprogramm und die vom Parteivorstand beschlossene Besetzung der Grünen-Kabinettsposten aus, wie die Parteiführung am Montag in Berlin mitteilte. Die designierte Außenministerin Annalena Baerbock sprach von einem „starken Rückenwind“.

57 Prozent der Parteimitglieder an Abstimmung beteiligt

Der künftige Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sagte, er fühle „Dankbarkeit und Demut“. Sein Ziel sei es, auch außerhalb der Öko-Blase Unterstützung zu suchen. Özdemirs Benennung hatte den Parteilinken Anton Hofreiter am Ende einen Kabinettsposten gekostet, was bei dessen Unterstützern heftige Irritationen ausgelöst hatte. Özdemir ist langjähriger Vegetarier, betonte aber: „Andere machen's anders, und das ist genauso gut.“ Wichtig sei aber, im Falle des Falles Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren zu essen. An der Urabstimmung hatten sich laut dem Politischen Bundesgeschäftsführer Michael Kellner 57 Prozent der Parteimitglieder beteiligt. Kellner sagte, das sei keine schlechte Quote. Im Vergleich zur Abstimmung der SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag von SPD und Union 2018 war die Beteiligung allerdings schwach. Damals hatten 78,39 Prozent der Sozialdemokraten bei der Abstimmung mitgemacht. Mit Ja stimmten demnach 61.174 Grüne, mit Nein 8275 Parteimitglieder, 1701 weitere enthielten sich. Es wurden 64 ungültige Stimmen abgegeben. Nötig war eine einfache Mehrheit. Es beteiligten sich laut Kellner 71.214 Parteimitglieder, ein Quorum gab es nicht.

Unterstützung für das „Vielfältige, progressive, veränderungslustige Deutschland“

Damit sind die Grünen künftig erstmals seit 2005 wieder an einer Bundesregierung beteiligt. Am Wochenende hatten bereits Parteitage von SPD und FDP dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Die Partei schrieb insgesamt 125.126 Grünen-Mitglieder für die Urabstimmung an. Die Frage, über die sie zu entscheiden hatten, lautete: „Stimmst Du dem von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der SPD und der FDP in 2021 verhandelten Koalitionsvertrag und dem von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN benannten Personaltableau für die Bildung einer gemeinsamen Bundesregierung zu?“ Das Personaltableau umfasst den designierten Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck, der auch Vizekanzler werden soll. Baerbock ist als Außenministerin vorgesehen, Anne Spiegel als Familienministerin und Steffi Lemke als Umweltministerin. Landwirtschaftsminister soll Özdemir werden, Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth. Es gehe jetzt darum, auch außerhalb der bisherigen Anhängerschaft Unterstützung zu finden für das „vielfältige, progressive, veränderungslustige Deutschland“, das sich die Grünen wünschten, sagte Habeck. Bei der Besetzung ihrer Kabinettsposten habe seine Partei „das vielfältige Deutschland vorbildlich abgebildet“, sagte Habeck. Roth kündigte an, es gehe ihr auch darum, „die Demokratie zu stärken, sie zu verteidigen“. Sie wolle daher der Erinnerungskultur einen großen Stellenwert einräumen.

Koalitionsvertrag soll am Dienstag unterschrieben werden

Die künftige Umweltministerin Lemke, die aus Dessau kommt, bedauerte, dass es neben ihr nur eine weitere Ostdeutsche im Kabinett gebe. Ihre inhaltliche Zuständigkeit stehe allerdings über der biografischen Herkunft. Sie warnte aber mit Blick auf den ökologischen Umbau der Gesellschaft: „Wir stehen vor einem gewaltigen Transformationsprozess. Und der darf nicht so ablaufen wie in den 90er Jahren in Ostdeutschland.“ Die Urabstimmung begann am 26. November und endete am Montag um 13 Uhr. Die Mitglieder stimmten online ab, konnten sich aber ersatzweise auch per Brief beteiligen - diese Möglichkeit nutzten 407 Grüne. Schon an diesem Dienstag soll der Koalitionsvertrag unterschrieben werden. Am Mittwoch soll Olaf Scholz (SPD) vom Bundestag zum neuen Kanzler gewählt und das neue Kabinett ernannt und vereidigt werden.

dpa