Faeser: Stationäre Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien geplant / Photo: DPA (dpa)
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Trotz der Vorbereitung stationärer Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien äußert sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) weiterhin skeptisch, ob dadurch die Zahl der Einreisen nach Deutschland deutlich gesenkt werden kann. Kontrollen hinderten niemanden an der Einreise, der nach Asyl frage, sagte Faeser. Auch der thüringische Innenminister Georg Maier (SPD) äußerte sich kritisch, ebenso die Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Faeser sagte am Dienstag im Deutschlandfunk, stationäre Kontrollen könnten aber ein zusätzliches Instrument zur Bekämpfung von Schleusern sein. „Wir müssen schauen, was das dann bringt“, sagte die Ministerin. Jede vierte oder fünfte irreguläre Einreise erfolge derzeit über eine Schleusung.

Faeser sagte, es gebe keine einfachen Lösungen, sondern es müsse ein Bündel von Maßnahmen greifen. Wirksam und dauerhaft entlastend für die Kommunen, die die Menschen unterbringen, seien nur europäische Lösungen mit Kontrollen und Asylverfahren an den EU-Außengrenzen.

Wegen des Anstiegs der Zahl der Migranten, die über Polen und Tschechien nach Deutschland einreisen, waren Forderungen nach stationären Grenzkontrollen zu diesen beiden Ländern lauter geworden. Stationäre Kontrollen gibt es derzeit nur an der deutsch-österreichischen Grenze. Eine Ausweitung hatte Faeser zunächst abgelehnt, unter anderem mit dem Argument, dass zahlreiche Menschen zur Arbeit über diese Grenzen pendeln. Stattdessen hatte sie eine Ausweitung der Schleierfahndung im Grenzgebiet angeordnet.

GdP: Stationäre Grenzkontrollen sind eine „dauerhafte Belastung“

Thüringens Innenminister Maier äußerte sich ähnlich wie Faeser. „Kontrollen an der Grenze zu Polen und Tschechien allein werden die Migrationskrise in Deutschland nicht lösen“, sagte er dem Nachrichtenportal „The Pioneer“. Es gebe rechtlich keine Handhabe, Menschen an der Grenze zurückzuweisen, wenn diese Asyl begehrten.

Zudem werde für lückenlose Kontrollen enorm viel Personal gebraucht, auch seien lange Staus und Verzögerungen die Folge, sagte Maier: „Man kann sich für diese Maßnahme entscheiden, sie wirkt aber vor allem symbolisch.“

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) argumentierte, stationäre Grenzkontrollen seien eine „dauerhafte Belastung“ und „sehr personalintensiv“. Einen Schlagbaum wie früher wolle man nicht, weil dadurch auch der Waren- und Pendlerverkehr behindert werden würde, sagte die Vizevorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Erika Krause-Schöne, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Zudem würden Schleuser einfach um die festen Kontrollpunkte herumfahren. Die Bundespolizei wolle „agil auf der Grenzlinie“ agieren können.

Wirtschaft warnt vor Folgen stationärer Grenzkontrollen

Aus der Wirtschaft kommt Widerstand gegen eine Einführung stationärer Grenzkontrollen an weiteren deutschen Außengrenzen. Der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, warnte im Düsseldorfer „Handelsblatt“ vor den Folgen für Geschäftsleute, Dienstleister, Handwerker oder Touristen. Diese profitierten von offenen Grenzen ebenso wie der lokale Einzelhandel, hob Treier hervor.

„Stationäre Kontrollen bringen den Reise- und Warenverkehr zwar nicht zum Erliegen, führen aber zwangsläufig zu Verzögerungen“, warnte Treier. Daher müsse die Politik hier „sehr sensibel“ vorgehen. Beim Kampf gegen Schleuserkriminalität müsse die Regierung „stark im Blick behalten, die Lieferungen unserer Exporteure zu gewährleisten und Just-in-time-Lieferungen in konjunkturell angespannten Zeiten nicht zu verteuern“.

Ähnliche Warnungen äußerte auch der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV). Der freie Warenverkehr im europäischen Binnenmarkt sei ein „wesentlicher Baustein für arbeitsteiliges Wirtschaften in Europa", sagte dem „Handelsblatt" dessen Hauptgeschäftsführer Frank Huster. Die Bundesregierung müsse die Risiken unterbrochener Lieferketten und steigender Logistikkosten bei ihren Entscheidungen „unbedingt“ berücksichtigen, forderte auch er.

Huster verwies dabei auf die negativen Folgen von Grenzstaus während der Corona-Zeit, die „hoffentlich nicht vergessen“ seien. Zuvor hatte auch bereits der Präsident des Außenhandelsverbands BGA, Dirk Jandura, vor zusätzlichen Hemmnissen für den freien Warenverkehr durch Grenzkontrollen gewarnt.

Agenturen