Der polnische Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski hat Deutschland vorgeworfen, die EU in ein „Viertes Deutsches Reich“ umwandeln zu wollen. Es gebe Länder, die „nicht begeistert von der Aussicht sind, ein Viertes Deutsches Reich auf der Grundlage der EU aufzubauen“, sagte der Chef der rechtsnationalistischen Regierungspartei PiS in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der rechtsextremen polnischen Tageszeitung „GPC“.
Der Begriff „Viertes Deutsches Reich“ sei „nichts Negatives“, sagte Kaczynski, „da es sich nicht um das Dritte Reich, sondern um das Erste handelt“, also das sogenannte Heilige Römische Reich Deutscher Nation.
Würden die Polen „einer solchen modernen Unterwerfung zustimmen“, würden „wir auf verschiedene Weise degradiert werden“. Kaczynski griff auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an, der seiner Meinung nach „das grundlegende Instrument ist, das verwendet wird“, um föderalistische Ideen durchzusetzen.
Morawiecki kritisierte bei Scholz' Besuch Ampel-Koalitionsvertrag
Beim Antrittsbesuch des neuen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) hatte Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki vergangene Woche Kritik an dem im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vereinbarten Ziel geübt, die EU zu einem „föderalen Bundesstaat“ weiterzuentwickeln: In polnischen Ohren klinge diese Vision nach „bürokratischem Zentralismus - das ist eine Utopie und gefährlich“.
Die EU liegt bereits seit 2017 mit Warschau wegen dessen Justizreform über Kreuz. Der PiS wird unter anderem vorgeworfen, am Verfassungsgericht regierungstreue Richter installiert sowie eine Disziplinarkammer zur Maßregelung kritischer Richter eingesetzt zu haben. Die EU-Kommission hatte deshalb verschiedene Vertragsverletzungsverfahren angestrengt, die teils in Klagen vor dem EuGH mündeten.
AFP
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