01.10.2020, Belgien, Brüssel: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Viktor Orban, Premierminister von Ungarn, begrüßen sich mit dem Ellbogen während eines Rundtischgesprächs beim EU-Gipfel im Gebäude des Europäischen Rates. (dpa)
Folgen

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat Deutschland im Streit über die Kopplung der EU-Geldverteilung an intakte Rechtsstaatsverhältnisse heftig kritisiert und damit den Streit mit der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) verschärft. „Die Deutschen haben im Lauf der Geschichte schon viel von den Ungarn verlangt, aber Ihr seid die ersten, die uns für Dummköpfe halten“, schrieb der Politiker in einem Brief an den EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber, wie die ungarische Nachrichtenagentur MTI am Freitag berichtete.
Weber (CSU) hatte am Vortag erklärt, dass die geplante Bindung der EU-Geldverteilung an Rechtsstaatsauflagen sich nicht speziell gegen Ungarn und Polen richte. „Die Wahrheit ist genau das Gegenteil“, schrieb Orban.
Ungarn und Polen blockieren wegen des Streits über die geplante Bestrafung von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit derzeit wichtige EU-Haushaltsentscheidungen, darunter milliardenschwere Corona-Konjunkturhilfen. Orbans Partei Fidesz gehört zur Europäischen Volkspartei (EVP), ebenso wie die deutschen Unionsparteien. Fidesz' EVP-Mitgliedschaft ist aber seit 2018 auf Eis gelegt. Ein „Rat der Weisen“ der EVP untersucht, ob Fidesz' Politik noch mit den Werten des Parteienverbands vereinbar ist.
In dem Brief an Weber zitiert Orban mehrere EU-Politiker, die Ungarn und Polen kritisieren. „Die Situation ist klar, lieber Manfred. Ihr wollt die jetzige Rechtslage verändern und habt Instrumente geschaffen, die sich jederzeit gegen Ungarn und Polen richten können“, heißt es in Orbans Schreiben weiter.

dpa