19.03.2021, Belgien, Brüssel: Charles Michel (r), Präsident des Europäischen Rates, und Ursula von der Leyen, EU-Kommissionschefin, nehmen im Gebäude des Europäischen Rates an einer Videokonferenz mit dem türkischen Präsidenten Erdogan teil. (dpa)
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Ankara hat die Ergebnisse des EU-Gipfels zu den künftigen Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union willkommen geheißen. Das türkische Außenministerium erklärte jedoch: Auch wenn bei dem Video-Gipfel am Donnerstag „die Notwendigkeit einer positiven Agenda“ festgestellt worden sei, sei die Botschaft an die Türkei „aus einer einseitigen Sicht und unter dem Einfluss der engstirnigen Anschuldigungen einiger weniger Mitgliedstaaten“ formuliert worden.

„Wir begrüßen die Bemühungen des Berichts, die Türkei-EU-Beziehungen auf der Grundlage einer positiven Agenda und der Rhetorik, die sich in der Gipfelerklärung widerzuspiegeln versucht, voranzubringen“, erklärte das Außenamt. Zugleich sagte Ankara zu, mit positiven Schritten auf EU-Maßnahmen „in Richtung unserer gemeinsamen Interessen“ zu reagieren.

Die EU-Staats- und Regierungschefs boten der Türkei angesichts der Entspannung im Streit um Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer ein weitreichendes Entgegenkommen an. Sie stellten der Türkei eine Ausweitung der Zollunion sowie Gespräche auf hochrangiger Ebene und zu Reiseerleichterungen für türkische Bürger in Aussicht.

Die Staats- und Regierungschefs wollen aber bei allen Angeboten „in einer abgestuften, verhältnismäßigen und umkehrbaren Weise“ vorgehen und konkrete Beschlüsse erst im Juni fassen. Dabei werde die EU „natürlich auch schauen, wie sich die Entspannung im östlichen Mittelmeer weiter entwickelt“, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Die Zollunion war Ende 1995 in Vorbereitung der türkischen Bewerbung um eine EU-Mitgliedschaft in Kraft getreten. Güter können dabei ohne Zölle und Beschränkungen über die Grenzen der Partner geliefert werden. Ausgenommen sind der Bereich Kohle und Stahl und die meisten landwirtschaftlichen Produkte.

Die Türkei ist ihrerseits verpflichtet, EU-Standards etwa für Industriegüter anzuerkennen und muss EU-Handelsvereinbarungen mit anderen Ländern akzeptieren. Nach außen hin gelten damit einheitliche Zölle von EU und Türkei für die Einfuhr von Gütern, die durch die Zollunion erfasst sind.

Aufgrund der Zollunion ist die EU mit Abstand der größte Handelspartner der Türkei. 2020 exportierten türkische Unternehmen Waren im Wert von 62,6 Milliarden Euro in die 27 Staaten der Europäischen Union. Im Gegenzug führten europäische Firmen Güter für 69,9 Milliarden Euro in die Türkei aus - das Land ist damit der sechstgrößte Handelspartner der EU.

TRT Deutsch und Agenturen