Bundesaußenminister Heiko Maas bei einer Pressekonferenz.  (AFP)
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Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat sich alarmiert über das Aufflammen des militärischen Konfliktes um die Region Berg-Karabach geäußert. „Die Nachrichten über erneute, massive Auseinandersetzungen zwischen Armenien und Aserbaidschan entlang der gesamten Konfliktlinien alarmieren mich“, erklärte Maas am Sonntag in Berlin. Auch EU-Ratschef Charles Michel zeigte sich via Twitter tief besorgt über die Lage.

„Ich rufe beide Konfliktparteien dazu auf, sämtliche Kampfhandlungen und insbesondere den Beschuss von Dörfern und Städten umgehend einzustellen", erklärte Maas. Es gebe bereits Berichte über zivile Opfer auf beiden Seiten.

Der Konflikt um die Region Berg-Karabach könne nur auf dem Verhandlungsweg gelöst werden. Die OSZE-Minsk-Gruppe mit ihren drei Ko-Vorsitzenden stehe dafür bereit. Armenien und Aserbaidschan müssten „die gewaltsamen Handlungen sofort beenden und den Weg zu substanziellen Verhandlungen begehen", erklärte Maas.

Im Gespräch mit TRT Deutsch bemängelte Dr. Gurban Alakbarov, Politologe und aktives Mitglied der aserbaidschanischen Diaspora, allerdings, dass Deutschland beim Karabach-Konflikt nicht entschieden genug handele.

„Die Bundesrepublik Deutschland ist bekanntlich Mitglied der Minsker Gruppe der OSZE, die für eine friedliche Beilegung des Konflikts vermittelt. Der deutsche Staat hat wiederholt erklärt, dass er die territoriale Integrität Aserbaidschans offiziell anerkennt“, sagte er und fügte hinzu: „Leider will Deutschland jedoch keine feste Position zum Berg-Karabach-Konflikt einnehmen. Es gibt allerdings vier Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, die den bedingungslosen Abzug der armenischen Truppen aus Berg-Karabach vorsehen.“

„Wir würden es uns wünschen, dass Deutschland im Rahmen der Minsker Gruppe eine aktiviere Position am Verhandlungstisch einnimmt und damit einen realen Beitrag zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit leistet“, forderte Alakbarov.

Frontlinie im Karabach-Konflikt (TRT Deutsch)

EU und Europarat rufen zur Deeskalation auf

„Um eine weitere Eskalation zu verhindern, müssen militärische Handlungen dringend aufhören“, sagte EU-Ratschef Michel. Der einzige Ausweg sei die unverzügliche Rückkehr zu Verhandlungen ohne Vorbedingungen.

„Die Europäische Union ruft zum unverzüglichen Ende der Kampfhandlungen, zur Deeskalation und zur strikten Überwachung der Waffenruhe auf“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Auch er rief zur Wiederaufnahme von Verhandlungen auf.

Europarat-Generalsekretärin Marija Pejčinović Burić erklärte, beide Länder sollten Verantwortung übernehmen und Zurückhaltung üben. Die Kampfhandlungen sollten unverzüglich eingestellt werden. „Beim Beitritt zum Europarat haben sich beide Länder verpflichtet, den Konflikt mit friedlichen Mitteln zu lösen, und diese Verpflichtung ist strikt einzuhalten.“ Pejčinović Burić rief beide Seiten dazu auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Menschenleben zu schützen.

Die beiden Kaukasus-Staaten befinden sich seit fast 30 Jahren in einem Konflikt um die Kontrolle über die Region Berg-Karabach. Nach dem Einmarsch von armenischen Truppen waren rund 20 Prozent des aserbaidschanischen Staatsterritoriums Anfang der 90er Jahre völkerrechtswidrig besetzt worden.

In den vergangenen Wochen ist der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan erneut aufgeflammt. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, Dörfer im Grenzgebiet angegriffen zu haben.

Zuletzt hatte es im April 2016 heftige Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan um Berg-Karabach gegeben. Dabei starben mehr als hundert Menschen. 2010 war die bislang letzte große Initiative für einen Frieden zwischen Eriwan und Baku gescheitert.

TRT Deutsch und Agenturen