Ost-Jerusalem: Festnahmen von Palästinensern wegen Social-Media-Postings  - Israelische Polizisten nehmen einen jungen Mann in Ostjerusalem fest. (Archivbild) (Reuters)
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Hunderte Palästinenser sind einem Bericht von „Al Jazeera“ zufolge in Ostjerusalem wegen Postings in sozialen Medien festgenommen worden. Insbesondere Video-Posts, in denen sich nach Darstellung des Senders Palästinenser kritisch gegenüber dem israelischen Militär geäußert hatten, seien Anlass für das Eingreifen gewesen. Laut offiziellen Quellen wurden in anderthalb Monaten 550 Festnahmen gemeldet, 25 Prozent davon betrafen Minderjährige.

Für Anwalt Nasser Odeh illustriere dies eine gängige Vorgehensweise israelischer Sicherheitsbehörden: Die Anti-Terrorismus-Gesetze seien 2016 in der Hinsicht verschärft worden. Nun erlauben diese den Behörden, die Daten von Mobilfunkanbietern abzugreifen und ganze Viertel in Ost-Jerusalem abzuriegeln. Seit 2020 gelten diese umstrittenen Regeln nicht nur für die „besetzten“ Gebiete, sondern für ganz Israel.

Im Klartext bedeute dies: Israelische Einheiten haben das Recht, Palästinenser aufgrund ihrer Social-Media-Posts festzunehmen. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn in den geposteten Inhalten der Verdacht auf Anstiftung zum Terrorismus oder sogar auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Gruppierung begründet würde.

Die Zahl der Festnahmen dürfte noch wesentlich höher liegen, so Anwalt Odeh: „Basierend auf der bloßen Anzahl an Festnahmen, die ich vor Gerichten Tag für Tag zur Kenntnis nehme, würde ich die Zahl seit dem Anfang des Ramadan Mitte April auf etwa 1000 schätzen.“ Immer wieder würden auch Palästinenser erschossen, wenn sie sich gegen Festnahmen zur Wehr setzten.

Palästinenser werden „oft brutal zusammengeschlagen“

Manche Gefängnisse hätten angesichts der hohen Zahl an Festnahmen ihre Insassen sogar in andere Einrichtungen außerhalb des Stadtteils verlegen müssen. Angehörige hätten dadurch kaum die Möglichkeit für Besuche. In mindestens vier Fällen habe es sogar Festnahmen und Haft gegeben, obwohl es nie zu einer Anklage gekommen wäre.
Bei den Festnahmen würden die Palästinenser „oft brutal zusammengeschlagen, insbesondere am Kopf und im Gesicht“, berichtet Anwalt Mohammed Mahmoud im „Al Jazeera“-Interview weiter. Gewalt und Knochenbrüche seien keine Seltenheit. So habe ein Inhaftierter dem Sender von Prügel in der Haft berichtet.

Bei einer Festnahme am Damaskus-Tor hätte ein israelischer Offizier gesagt, dass dessen Leute die Palästinenser „hier vor den Kameras nicht so stark schlagen“ sollten. Der Festgenommene selbst sei jedoch eine Woche später mit einem geplatzten Trommelfell, zwei blauen Augen und verletzten Rippen entlassen worden. Eine Anklage habe es nie gegeben. .

Das „brutale Vorgehen“ der israelischen Polizei führe „nur zu einer neuen Eskalation der Gewalt“, meint Anwalt Mahmoud. „Sie können Gesten eines Palästinensers gegenüber Israel nicht aushalten und wollen an ihm ein Exempel statuieren, um ein Klima der Angst aufzubauen.“ Doch für viele Palästinenser sei „die Barriere der Angst durchbrochen worden“, äußert der Anwalt weiter. „Israelische Einheiten stehen Leuten gegenüber, die nichts mehr zu verlieren haben.“

TRT Deutsch