Infolge israelischer Angriffe auf Palästinenser und islamische Heiligtümer gab die Hamas bekannt, eine „Militäroperation“ begonnen zu haben. / Photo: AA (AA)
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Die palästinensische Widerstandsorganisation Hamas hat vom belagerten Gazastreifen aus eine Operation gegen Israel gestartet. Militärchef Mohammed Deif sagte in einer Botschaft am Samstagmorgen, man habe beschlossen, den „israelischen Verbrechen“ ein Ende zu setzen. Die palästinensischen Kämpfer rückten auf dem Land-, Luft- und Seeweg auf die von Israel besetzten Gebiete vor.

„Bürger Israels, wir sind im Krieg“, teilte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Samstag aus dem Militärhauptquartier mit. Das Land wurde offiziell in Kriegsbereitschaft versetzt. Rund 2220 Geschosse sollen aus Gaza auf Israel abgefeuert worden sein, wie ein Armeesprecher behauptete. Demnach griffen israelische Kampfflugzeuge erneut den Gazastreifen an.

In Israel wurden Berichten zufolge mindestens 22 Menschen getötet und mindestens 70 schwer verletzt. Medien beriefen sich dabei auf den Rettungsdienst Magen David Adom. In weiteren Berichten hieß es unter Berufung auf mehrere Krankenhäuser, dass rund 200 Menschen verletzt worden seien.

Die israelische Armee teilte mit, es seien 17 Militäranlagen und vier Kommandozentren der Hamas angegriffen worden. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Gazastreifen wurden bei den Luftangriffen mindestens 22 Palästinenser getötet und Dutzende verletzt.

Nach UN-Angaben leben im Gazastreifen mehr als zwei Millionen Menschen unter sehr schlechten Bedingungen. Die von der EU, den USA und Israel als „Terrororganisation“ eingestufte Hamas regiert dort seit 2007. Israel hat seine Belagerung des Küstenstreifens seitdem weiter verstärkt. Sie wird auch von Ägypten mitgetragen.

Israelischer Offizier droht Hamas

Ein israelischer Offizieller drohte der Hamas, sie habe mit dem Angriff „die Tore zur Hölle“ geöffnet. Man werde sie zur Rechenschaft ziehen, sagte der Sprecher der israelischen Cogat-Behörde.

„Die Hamas hat heute Morgen einen schweren Fehler begangen und einen Krieg gegen den Staat Israel begonnen“, so der israelische Verteidigungsminister Joav Galant. Er rief die Bürger dazu auf, Anweisungen Folge zu leisten und fügte hinzu: „Israel wird diesen Krieg gewinnen.“

Wegen der Raketenangriffe heulten in verschiedenen Städten Israels die Warnsirenen. Auch in Tel Aviv und Jerusalem war Raketenalarm zu hören. Das Militär rief die Einwohner der südlichen und zentralen Landesteile auf, in geschützten Bereichen zu bleiben. Israel feiert gerade das jüdische Fest Simchat Tora (Freude der Tora). Ministerpräsident Netanjahu wollte im Verlauf des Tages Sicherheitsberatungen mit Vertretern des Verteidigungsministeriums und der Armee abhalten.

Kämpfe an Militärbasen

Israels Armeesprecher Richard Hecht berichtete über Kämpfe an verschiedenen Orten im Umkreis des Gazastreifens. Dazu zählten zwei Militärbasen, der Eres-Übergang zum Gazastreifen sowie mehrere Ortschaften. Es gebe Opfer auf israelischer Seite, man könne aber noch keine Zahlen nennen, sagte Hecht. Israelische Medien berichteten von Geiselnahmen, dafür gab es zunächst keine offizielle Bestätigung.

Wie genau die palästinensischen Kämpfer trotz strenger Grenzkontrollen auf die von Israel besetzten Gebiete vorstoßen konnten, war zunächst unklar. Hecht sagte, es seien unter anderem Gleitflieger eingesetzt worden. Die Zahl der Kämpfer konnte er nicht benennen. „Es waren nicht ein oder zwei.“

EU-Staaten verurteilen Hamas – Erdoğan ruft zu Besonnenheit auf

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel verurteilten die palästinensischen Vergeltungsschläge. Auch Großbritannien, Frankreich und andere EU-Staaten gaben ähnliche Erklärungen ab.

Für den israelischen Botschafter in Berlin, Ron Prosor, ist auch der Iran für den Gegenschlag verantwortlich. „Es ist klar für uns, dass Iran dahintersteckt“, behauptete Prosor im Deutschlandfunk.

Das Außenministerium in Kairo teilte mit, Ägypten bemühe sich intensiv um eine Beruhigung der Lage. In der Vergangenheit hatte Kairo immer wieder zwischen Israel und militanten Palästinenserfraktionen im Gazastreifen vermittelt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf

Weniger Flüge nach Israel

Die Lufthansa verringert ihre Flüge nach Israel. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Sicherheitslage in Tel Aviv reduziert die Lufthansa Group Airlines am heutigen Samstag das Flugprogramm von/nach Tel Aviv aus operativen Gründen“, teilte das Unternehmen am Samstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit

Die Schweizer Lufthansa-Tochter Swiss will ihren Flugverkehr nach Israel ab Samstagabend wegen Sicherheitsbedenken komplett einstellen. Das Schweizer Außenministerium rät von Reisen nach Israel ab.

Israel besetzte während des Sechstagekrieges 1967 das Westjordanland und Ost-Jerusalem. Knapp 600.000 Israelis leben dort heute in mehr als 200 illegalen Siedlungen. Der UN-Sicherheitsrat bezeichnete diese Siedlungen als Verletzung des internationalen Rechts und forderte Israel auf, alle Siedlungsaktivitäten zu stoppen. Die Palästinenser fordern einen eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.

TRT Deutsch und Agenturen