22.05.2021, USA, Washington: Joe Biden, Präsident der USA, während einer Pressekonferenz / Photo: DPA (dpa)
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Angesichts der Pläne für einen Großangriff auf die Grenzstadt Rafah im Süden des Gazastreifens hat US-Präsident Joe Biden den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu zum Schutz von Zivilisten aufgerufen. Ein Angriff in Rafah sollte „nicht ausgeführt werden, ohne dass ein glaubwürdiger und umsetzbarer Plan zur Gewährleistung der Sicherheit und Unterstützung der mehr als eine Million Menschen, die dort Schutz suchen“ vorliege, sagte Biden Netanjahu am Sonntag in einem Telefonat laut einer Mitteilung des Weißen Hauses. Außerdem habe der US-Präsident konkrete Maßnahmen zur humanitären Hilfe verlangt, hieß es weiter.

Netanjahu hatte der israelischen Armee am Freitag den Befehl erteilt, einen Angriff auf Rafah vorzubereiten. Nach Angaben von Augenzeugen griff Israel bereits mehrfach Ziele in der Stadt aus der Luft an.

Bei einem israelischen Großangriff auf Rafah könnten unzählige Zivilisten getötet werden. Denn aufgrund massiver Bombardierungen durch Israel war die Bevölkerung in Gaza zuvor in den Süden der abgeriegelten Enklave geflüchtet. Vor dem Gaza-Krieg hatte die an Ägypten grenzende Stadt rund 300.000 Einwohner, inzwischen sollen sich dort mindestens 1,3 Millionen Binnenflüchtlinge aufhalten.

Biden bezeichnet israelische Angriffe als „übertrieben“

In einem Interview des US-Senders Fox News sagte Netanjahu am Sonntag, es gebe nördlich von Rafah „viel Platz, wo sie hinkönnen“. Israel schicke sie in diese Richtung, unter anderem mithilfe von Flyern und über mobile Kommunikation, so der israelische Regierungschef. „Diejenigen Leute, die sagen, wir können unter keinen Umständen nach Rafah vorrücken, sagen im Grunde: Gewinnt nicht, sondern verliert“, argumentierte Netanjahu.

Biden hatte am Donnerstag vor Journalisten über die massiven israelischen Angriffe auf den Gazastreifen gesagt, diese seien „übertrieben“. Dies hatten zahlreiche Beobachter als Verschärfung der Tonlage gegenüber Israel gewertet. Netanjahu sagte darauf bei Fox News: „Wie hätten die USA an unserer Stelle reagiert? Ich würde sagen, die Reaktion wäre mindestens genauso stark ausgefallen wie die von Israel.“

Netanjahu hat in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem US-Fernsehsender ABC News trotz internationaler Warnungen bekräftigt, dass er an den Plänen für einen Großangriff in Rafah festhalte.

Palästinenser transportieren die Leiche eines Menschen, der bei israelischen Luftangriffen in Rafah getötet wurde, ab. (DPA)

Israels Vernichtungskrieg in Gaza

Israel hatte nach dem 7. Oktober die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom gestoppt und zugleich massive Luftangriffe gestartet. Anschließend drangen Bodentruppen in den dicht besiedelten Küstenstreifen ein. Humanitäre Hilfslieferungen werden von Israel seitdem behindert. Fast zwei Millionen Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten.

Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober mehr als 28.100 Menschen getötet und Zehntausende verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können.

TRT Deutsch und Agenturen