Baden-Württemberg, Aalen: Vor dem Minarett der Ditib-Moschee hängen (l-r) die Flaggen von Deutschland, Ditib und der Türkei. (dpa)
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Am Freitag hat die Merkez-Moschee in Duisburg erstmals laut von der Minarette zum Gebet gerufen. Täglich um 19 Uhr ertönt nun der muslimische Gebetsruf (auf Türkisch: Ezan) im Duisburger Viertel Marxloh.

Die Initiative steht ganz im Zeichen von Solidarität in Zeiten der sich bundesweit zuspitzenden Coronavirus-Pandemie. Mit kirchlicher Unterstützung und nach Einholung der erforderlichen Genehmigung wurde dieser Schritt möglich – während gleichzeitig die Kirchenglocken läuteten.

Hülya Ceylan, Vorsitzende des Ditib-Landesverbandes, die auch ehrenamtlich in der Duisburger Zentralmoschee aktiv ist, erklärte auf Medienanfrage, wie es zu dieser Entscheidung kam: „Deutschlandweit haben die Kirchen begonnen, um 19:00 Uhr die Glocken zu läuten, um aufgrund der geschlossenen Gebetsräume ein Symbol für die Solidarität mit den Gläubigen zu setzen. Unsere benachbarte Kirche in Duisburg fragte auch, ob wir jeden Abend an dieser Solidarität mitmachen könnten.“

„Wir haben zum Ausdruck gebracht, dass wir die muslimische Gemeinschaft durch den Gebetsruf spirituell unterstützen können“, fügte die Vertreterin der Ditib-Gemeinde hinzu. Damit ist der islamische Gebetsruf erstmal seit Fertigstellung des religiösen Gebäudes 2008 öffentlich vernehmbar.

Für Ceylan handele es sich um ein wichtiges Zeichen der gesellschaftlichen Solidarität: „Wir sind in einem Ausnahmezustand. Muslime können nicht in die Moschee, wir können nicht gemeinsam beten. Wir möchten hiermit der muslimischen Gesellschaft Mut, Stärke und Trost vermitteln.“

Muslime dankbar für solidarische Geste

Sich an die verantwortlichen Behörden und Initiatoren wendend, betonte die Ditib-Vertreterin: „Viele Muslime haben sich bedankt, dass sie an solchen schweren Zeiten dieses spirituelle Gefühl erleben konnten.“

Die Duisburger Moschee ist nicht die einzige in Deutschland, die den Gebetsruf in nächster Zeit öffentlich durchführen wird. Am Samstag haben auch Moscheen in den Städten Dortmund, Hamburg und Hannover nach behördlicher Erlaubnis den Gebetsruf laut vernehmbar durchgeführt.

Muslime in Deutschland sind aufgerufen, wegen des Coronavirus nicht mehr in der Moschee, sondern zuhause zu beten. Das teilten der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) und der Koordinationsrat der Muslime (KRM) am Montag mit. Sie legten allen Gemeinden, Vereinen und Verbänden nahe, die fünf täglichen Pflichtgebete nicht in der Moschee zu vollziehen. Dies gelte ab sofort, hieß es. Für seelsorgerische Angelegenheiten und Einzeltermine bleiben die Moscheen den Angaben zufolge aber geöffnet.

Auch in den Niederlanden Gebetsrufe geplant

Im Nachbarland Deutschlands soll ebenso schon bald der Gebetsruf laut ertönen. Die Ayasofya-Moschee in Amsterdam soll als erstes muslimisches Gebetshaus mit dem lauten Ruf zum Gebet beginnen.

Anders als in Deutschland bedarf es in den Niederlanden keiner behördlichen Erlaubnis, die verfassungsrechtlich verankert ist. Um politische Spannungen zu vermeiden, sehen die muslimischen Gemeinden jedoch vom lauten Gebetsruf ab. Im Sinne der Solidarität in der Corona-Krise könnte sich das jedoch mit Unterstützung der Politik in den nächsten Tagen ändern.


TRT Deutsch und Agenturen