Der Militärische Abschirmdienst (MAD) ermittelt gegen mehrere Mitarbeiter des Beschaffungsamts der Bundeswehr wegen möglicher Zugehörigkeit zu den sogenannten Reichsbürgern oder Selbstverwaltern. Das Verteidigungsministerium teilte am Dienstag mit, dass alle Verdächtigen in der Regionalstelle Ulm der Abteilung für Qualitätsmanagement des Amts tätig sind, darunter auch der Leiter.
Besonders pikant ist laut „Spiegel“-Informationen, dass der „nun vernommene Dienststellenleiter vormals beim Bundesnachrichtendienst (BND) beschäftigt“ war. Es „soll dort bis heute viele Kontakte haben“.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer versicherte, dass jedem Hinweis auf Nähe von Bundeswehrangehörigen zu den Reichsbürgern konsequent nachgegangen werde. „Verfassungsfeinden lassen wir nicht den kleinsten Raum in der Bundeswehr“, sagte die CDU-Chefin. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung über die Ermittlungen berichtet.
Reichsbürger und Selbstverwalter sind Gruppierungen oder auch Einzelpersonen, die den deutschen Staat, sein Rechtssystem, Regierungen, Parlamente und die Polizei nicht anerkennen. Nach Angaben des Ministeriums laufen die Ermittlungen bereits seit Ende 2019. Am Dienstag wurden insgesamt acht Verdächtige vom MAD befragt. „Erste Ergebnisse bestätigen die vorliegenden Verdachtsmomente“, heißt es in einem Schreiben des Staatssekretärs Peter Tauber an die Obleute des Bundestags-Verteidigungsausschusses, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Am Mittwoch sollen die Befragungen fortgesetzt werden.
Laut Tauber wurden auch Datenträger sichergestellt, die nun ausgewertet würden. Die Vorgesetzten der Betroffenen hätten disziplinarische Ermittlungen aufgenommen. Den Hauptverdächtigen sei mit sofortiger Wirkung der Zugang zu ihren Arbeitsstellen untersagt worden.
In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder rechtsextremistische Vorfälle bei der Bundeswehr gegeben. Der MAD hatte im Mai in seinem ersten Jahresbericht eine Zunahme von rechtsextremistischen Verdachtsfällen, aber keine Netzwerke bei der Bundeswehr festgestellt. Der MAD enttarnte 14 Extremisten, darunter 8 Rechtsextremisten, 4 sogenannte Islamisten und 2 sogenannte Reichsbürger/Selbstverwalter. Im Jahr zuvor waren insgesamt 7 Extremisten enttarnt worden.
Kramp-Karrenbauer hatte schon vor längerer Zeit ein hartes Durchgreifen gegen Extremisten bei der Bundeswehr versprochen und unter anderem eine Reform des Kommandos Spezialkräfte in die Wege geleitet. „Extremismus und fehlende Treue zu den gemeinsamen Werten ist und bleibt unvereinbar mit unserem Auftrag, aber auch mit den Grundsätzen der Kameradschaft und Kollegialität“, sagte sie am Dienstag.
2 Dez. 2020

MAD ermittelt gegen mögliche „Reichsbürger“ bei der Bundeswehr
Das Verteidigungsministerium will gegen Extremisten in der Bundeswehr vorgehen. Jetzt gibt es mehrere Verdachtsfälle in nur einer Abteilung der Bundeswehrverwaltung. Der vernommene Dienststellenleiter soll vormals beim BND beschäftigt gewesen sein.
DPA
Ähnliche Nachrichten

Rechtsextremistischer Angriff in Halle: Noch kein Geld für Schutzmaßnahmen
Nach einem rechtsterroristischen Anschlag ist die Stadt Halle vor einem halben Jahr weltweit in die Schlagzeilen gerückt. Die Polizei verstärkte danach ihre Präsenz vor Synagogen – weitere Maßnahmen lassen jedoch noch auf sich warten.
Selbe Kategorie

Lebenslange Haft für falsche Narkoseärztin wegen dreifachen Mordes
Sie arbeitete als Narkoseärztin, obwohl sie keine war. Drei Patienten starben deshalb, davon ist das Landgericht Kassel nach dem Prozess überzeugt. Auf die Frau kommt wegen besonderer Schwere der Schuld eine sehr lange Zeit im Gefängnis zu.

Softwareprobleme sorgen für bundesweite Störung von Zahlungs-Terminals
Seit Dienstagabend ist die Zahlung per Giro- oder Kreditkarte in Deutschland teilweise gestört. Ursache soll eine Störung bei der Software sein. Derzeit werde fieberhaft an deren Behebung gearbeitet, heißt es aus dem Kreditwirtschaftsverband.
Worüber möchten Sie mehr erfahren?
Beliebt

Rekordzahl: Weltweit über 45 Millionen Binnenflüchtlinge
Eine Rekordzahl von Menschen ist wegen Konflikten und Katastrophen auf der Flucht im eigenen Land. Das Schicksal derer, die vertrieben aber nicht über Grenzen geflüchtet sind, werde international zu wenig beachtet, erklärt eine Hilfsorganisation.