Hessen stellt Islamunterricht ein - DITIB will vor Gericht (dpa)
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Das Bundesland Hessen beendet die Kooperation mit dem Moscheeverband DITIB. Für die muslimischen Schüler bedeutet das: Im kommenden Schuljahr wird es keinen islamischen Religionsunterricht geben. Demnach wird der Religionsunterricht für Muslime in allen 56 Schulen eingestellt, die den Unterricht bisher anboten. Hessen hatte das Fach im Schuljahr 2013/14 als erstes Bundesland eingeführt.

Aus Sicht der DITIB ist das eine Entscheidung, die entgegen den Interessen der Schüler, Religionslehrer sowie Eltern muslimischen Glaubens getroffen wurde. Sie sei herbeigeführt aufgrund eines zunehmend polarisierenden politischen Diskurses. All die vorgebrachten Gründe seien mit Blick auf die gelebte Praxis des Religionsunterrichts nicht haltbar, heißt es in einer Presseerklärung der DITIB. Es seien Anschuldigungen, die politisch bedingte Vorurteile und Vorverurteilungen beinhalteten und keiner gutachterlichen Überprüfungen standhielten.

Die politischen Autoritäten sind im Irrtum

Vielmehr habe DITIB alle vom Kultusministerium geforderten Anforderungen und Empfehlungen in die Praxis umgesetzt. Daher werde sich die Entscheidung des Kultusministeriums auch einer rechtlichen Prüfung nicht entziehen können. „Gegenüber muslimischen Familien tragen wir eine Verantwortung“, sagt Salih Özkan, Landesvorsitzender der islamischen Religionsgemeinschaft DITIB Hessen, im Interview mit TRT Deutsch. Die politischen Autoritäten befänden sich im Irrtum.

„Die Zusammenarbeit war seit gut einem Jahr sehr ernüchternd – man verschloss uns gegenüber alle Kommunikationswege und ignorierte jegliche Anfragen. Die Verkündung der Entscheidung erfolgte dementsprechend. Am Tag der Pressekonferenz des Kultusministers gab es einen halbstündigen Anruf vom stellvertretenden Staatssekretär, eine Stunde später war die öffentliche Pressekonferenz“, so Özkan. Diese Entscheidung sei auf Grundlage absurder Annahmen getroffen worden. Da es keine Beweisführung für die Vorwürfe gebe, seien dadurch die verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte der Muslime ausgehebelt worden.

Ein „falsches und fatales Zeichen“

Die seit sieben Jahren geführte reibungslose Zusammenarbeit und die positive Rückmeldung habe anscheinend keine Rolle bei der Entscheidung gespielt, kritisiert Özkan. „Anstatt diese gelebte Praxis als Grundlage für die zukünftigen Entscheidungen heranzuziehen, wird dem ein derart abstraktes gedankliches Konstrukt einer eventuellen Einflussnahme durch den türkischen Staat gegengehalten.“

DITIB Hessen rechnet daher mit einem Rückschritt „um Jahrzehnte“ bei der politischen und gesellschaftlichen Akzeptanz von Muslimen. Das sei ein „falsches und fatales Zeichen“. Die verfassungsmäßigen Grundrechte der Muslime in Hessen seien der Politik zum Opfer gefallen. Der Islamunterricht sei dadurch zu einer Art Reflexionsfläche der politischen Konflikte geworden, so der Vorsitzende Özkan. Daher werde die DITIB Experten des Staatskirchen- und Verfassungsrechts konsultieren und gerichtlich gegen die Entscheidung vorgehen. Schließlich gehe es nicht um die Institution DITIB – sondern vielmehr um die Fortsetzung des Islamunterrichts. Der geplante staatliche „Islamunterricht“ werfe erhebliche Zweifel an der Verfassungskonformität auf.

Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) prangert die Verletzung der Grundrechte an. Damit verwehre Hessen der islamischen Religionsgemeinschaft das Recht auf „Religionsunterricht nach Artikel 7 des Grundgesetzes“.

TRT Deutsch