Der französische Bildungsminister Jean-Michel Blanquer. (AFP)
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Der französische Bildungsminister Jean-Michel Blanquer soll von der Internetplattform „Mediapart“ die Zensur eines Comicsgefordert haben. Das berichtet „Le Parisien“ am Mittwoch. Blanquer habe seine Anwälte beauftragt, „Mediapart“ aufzufordern, eine Stelle aus dem Comic zu entfernen, die seine Tochter anbetrifft.

Der Comic „Cas d'école“ von Christophe Tardieux, alias Remedium, wurde 5000 Mal verkauft und nach dem großen Erfolg auf „Mediapart“ veröffentlicht.

„Diese Stelle wurde am 27. Oktober 2020 unter Drohung von Jean-Michel Blanquers Anwälten redigiert“, heißt es nun in den betroffenen Texten und Zeichnungen. Obwohl der Autor sich bereit erklärt habe, seinen Comic zu überarbeiten, um „Mediapart nicht noch einem weiteren Prozess auszusetzen“, prangerte Tardieux die angebliche Zensur des Ministers an: „Auf der einen Seite lobt er die Meinungsfreiheit. Auf der anderen Seite greift er einen Autor an“, klagte Remedium, der seit 15 Jahren Lehrer ist.

Die Zensur soll nur wenige Tag nach der Ermordung des Geschichtslehrers Samuel Paty durch einen Extremisten und den anschließenden Diskussionen um Meinungsfreiheit erfolgt sein. Die französische Regierung präsentierte sich nach dem Mordfall als Verfechter der Meinungsfreiheit und ließ als Zeichen dafür die Mohammed-Karikaturen von „Charlie Hebdo“ auf öffentliche Gebäude projizieren. Der Bildungsminister selbst verteidigte in seinen Reden die Meinungsfreiheit. Die Zensur durch Blanquer sei deshalb eine „Doppelzüngigkeit“, so der Autor.

Der Mitbegründer und Verlagsleiter von „Mediapart“, Edwy Plenel, erklärte, er bewerte den Vorfall nicht als Zensur. „Wir wurden von Blanquer kontaktiert. Er wollte, dass der Comicstrip von unserer Website entfernt wird, da er darin einen Eingriff in seine Privatsphäre sehe. Wir haben Nein gesagt.“ Als der Minister an seiner Forderung festgehalten habe, hätten sie mit Remedium gesprochen. Der Autor habe sich bereit erklärt, seinen Comic zu redigieren – mit der Bedingung, die Zensur öffentlich zu machen.

Von „Le Parisien“ kontaktiert, liefert Basile Ader, der Anwalt von Jean-Michel Blanquer, eine andere Version der Geschichte. Unter keinen Umständen habe der Bildungsminister „die Inhalte von Mediapart zensiert oder eine Zensur gefordert“. Sie hätten „Mediapart“ lediglich über „illegale Inhalte“ benachrichtigt. Die Verantwortlichen hätten von vornherein, nach einer Diskussion mit dem Autor, die Zensur vorgenommen, sagte Ader. Es ginge dabei nur um eine Stelle im Comic und diese betreffe das Privatleben des Ministers. „Das ist seine rote Linie.“

TRT Deutsch